Zoologischer Garten zu Leipzig
(TEIL I)
Inhaltsverzeichnis
Teil 1
- Einleitung
- Geschichte des
Zoologischen Garten zu Leipzig
- 2.1 Gründung des Gartens
- 2.2 Kurzcharakteristiken der
bisherigen Zoodirektoren Leipzig
- 2.3 Leipziger Löwenzucht-
Raubtierzucht
Teil 2
- Gegenwart des
Zoologischen Gartens Leipzig
- 3.1 Besitzverhältnisse
des Gartens nach der Wiedervereinigung
Deutschlands
- 3.2 Bauwesen
- Zukunft des
Zoologischen Garten Leipzig
- 4.1 Pläne
- Besonderheiten
des Zoologischen Garten Leipzig
- 5.1 Tierbestand
- 5.2 Zuchtbücher und Europäische
Erhaltungszuchtprogramm (EEPs)
- Zukunftslinien
der Weltgärten
- 6.1 Vergleich zwischen
konventioneller und moderner Zootierhaltung
- 6.2 Aufgaben eines
modernen Zoologischen Garten
- Quellenverzeichnis
1.0
Einleitung
Welche
Kriterien bewegten mich über den Zoologischen Garten
Leipzig eine Facharbeit zu schreiben? Wenn ich heute in
den Garten gehe, interessiert mich vorrangig die
Architektur des Garten, sprich sowohl das Design der
modernen Haltungsanlagen, als auch der Aufbau der alten
Tierhäuser. Und gerade von diesen Gegensätzen bietet
oder wird der Zoologischer Garten Leipzig eine Reiche
Vielfalt bieten. Speziell in dem Garten von Leipzig
betrachte ich die alten Tierhäuser, wie das Neue
Raubtierhaus oder die Raubtiertrassen. In diesen
nostalgischen Bauten sehe ich das Herz dieses doch recht
alten Gartens. Daran sieht man das der Garten durch
mehrere Epochen der Zeit aufgebaut wurde. Ich lehne Gärten
ab die auf dem Reißbrett entstanden sind und ausschließlich
aus Beton gebaut und nur für die Bevölkerung geschaffen
worden, also keine Forschung oder Schutzprogramme
betrieben werden. Im Zoo von Leipzig dagegen liegt noch
die Nostalgie in der Luft, die Verbesserung der
Haltungsbedingungen für Tiere und die Arbeitsbedingungen
der Pfleger werden trotzdem nicht aus den Augen verloren.
Ein Eindruck von Nostalgie im Garten, vermittelt dieses
Foto, wenn man die adulten Tiere im Hintergrund beachtet.
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Abb.:
01 Oberwärter Fischer |
2.0 Geschichte des
Zoologischen Garten zu Leipzig
2.1 Gründung
des Gartens
Wir befinden
uns westlich von Leipzig, an dem stillen Wasser der
Parthe, am Rande des Rosentals im Jahr der Völkerschlacht
1813. Vor der Völkerschlacht befanden sich im
Pfaffendorfer Vorwerk einige Lazarette. Nun werden hier
Neubauten geschaffen, in dem der staatliche Fettviehhof
und daneben eine Garnspinnerei einzieht. In dem Hof gehört
eine Gastwirtschaft, welche ich ab dem Jahr 1873 mein
eigen nennen darf.
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Abb.:
02 Eingang zum Zoologischen Garten um die
Jahrhundertwende |
Mein Name ist Ernst
Pinkert und ich kam aus der Lausitz nach Leipzig. Um
meinen Geschäft, den Gasthof, anzukurbeln, lieh ich mir
1975 fremdländische Tiere von Hagenbeck und stellte sie
auf der Schafwiese der Bevölkerung gegen Bezahlung zur
Schau. Diese Schau kam sehr gut bei der aufgeschlossenen
und schaulustigen Bevölkerung Leipzigs an. Dadurch kam
ich zu guten Einnahmen. Durch diese Erfolge, entschloß
ich mich 1877 eine ständige Schau, in Form eines
Tierparks anzubieten. Im darauffolgenden Jahr gründete
ich den Zoologischen Garten zu Leipzig auf einer Fläche
von 1,25 ha. Ich eröffnete ihn am 9. Juni 1878, es war
ein sonniger Pfingstsonntag, an dem 2018 Leipziger durch
die Pforten meines Garen strömten. Am Tag darauf, dem
Pfingstmontag, zählte ich sogar 2411 Besucher.
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Abb.:
03 |
Noch im gleichen Jahr ließ
ich ein Raubtierhaus (Altes Raubtierhaus) bauen. Zwei
Jahre später wurden in diesem Haus die ersten Löwen
geboren. Dies war ein respektabler früher Zeitpunkt in
der Geschichte der europäischen Zoos. Allerdings hörte
ich, das bereits 1669 in Wien und 1880 im Botanischen
Garten zu Paris ein Wurf Löwen fiel. Ob diese jedoch
erfolgreich aufgezogen wurden, entzieht sich meiner
Kenntnis. Bei der Zucht von Löwen bewies ich viel
Geschick - Glück gehört natürlich auch dazu. Unterstützung
erhielt ich von dem Ehepaar Fischer, der Mann arbeitete
als Oberwärter und dessen Frau führte den
Wirtschaftsbereich. Nebenbei zog sie erfolgreich
verwaiste Raubtierjunge auf. In dieser Zeit herrschte
eine rege Nachfrage von Seiten anderer Zoologischer Gärten.
Menagerien und Zirkussen, so das sich der Verkauf der
Tiere zu einem einträglichen Geschäft entwickelte. Die
Einnahmen verhalfen mir den Zoo weiter zu entwickeln und
kommende Krisen überstehen zu können. Fünft Jahre später,
1883, wurde mein Gelände auf 3 ha erweitert, das heißt
ich bekam 2 ha von der Stadt zugesprochen. Ich ließ ein
Hirschpark mit Teichanlagen und Flugkäfigen errichten.
Im Jahr darauf wurde ein Vogelhaus gebaut (Teil der
Papageinanlage). 1908 ließ ich mein Privatunternehmen
aufgrund hoher Schulden bei der Stadt Leipzig in eine
Aktiengesellschaft überführen. Um die Jahrhundertwende
wurden neue Großprojekte gestartet oder beendet, wie zum
Beispiel der Abu des Wirtschaftshofes 1899, Neuem
Raubtierhaus, Affenhaus, Verwaltungs- und Hauptgebäude (heute
Kongreßhalle). Nach Beendigung dieser markanten Bauten
wurde es erst einmal etwas ruhiger im Bauwesen. Bis 1908,
ich fühlte das meine Zeit bald kommen würde, bauten wir
noch Huftierhäuser für Renntiere, Schneegemsen und
Anoas. Zugleich vollendeten wir ein starkes, innen mit
Stahl verkleidetes Blockhaus für das zweitschwerste
Landsäugetier der Welt, das Nashorn. 1909 starb Ernst
Pinkert. Die Direktion des Zoologischen Garten übernahm
Dr. Johannes Gebbing. Er hatte vor ein Aquarium auf dem
Gelände des Garten, am Zusammenfluß von Parthe und Pleißmühlgraben,
zubauen. Es wurde auf seine Kosten und Risiken gebaut.
Unterstützung bekam er vom Stadtbaudirektor Anton Käppler,
Mitglied des Aufsichtsrates der AG Zoologischer Garten.
Er überzeugte auch den Aufsichtsvorsitzenden und
Leipziger Stadtrat Gustav Esche, welcher sich vorher
ablehnend gegenüber dem Projekt verhielt. In Käpplers Händen
lag die architektonische Bauausführung des Hauses. Das
ganz im Jugendstil gehaltene ornamentale Beiwerk stammt
von Rudolph Sandeck. Die Bauzeit des Hauses betrug nur
ein Jahr, es wurde am 15.03.1910 eröffnet.
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Abb.:
04 Das Zooaquarium im Jahre 1910 |
An diesem Tag wurden außer
einheimischen Fischen wie Karpfen, Schleie und Rotfeder
auch eine Vielfalt von Meerestiere, wie Katzenhaie,
Seepferdchen, Lippfische und Hummer zur Schau gestellt.
Ferner gehörten noch zwei Seehunde und Meeresschildkröten
dazu. Das Aquarium betrieb Gebbing auf eigene Rechnung
bis es die Stadt 1930 käuflich erwarb. 1912 erfolgte die
Errichtung einer hölzernen Seelöwenanlage in der Parthe.
Am 12.04.1913 ließ Gebbing das Terrarium in Form eines
riesigen Gewächshauses angliedern. In der Mitte legte er
eine Freisichtanlage für Krokodile an, um welche sich 25
Glasvitrinen, in denen er Lurche, Kriechtiere und
Insekten zur Schau stellte, anordnen.
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Abb.:
05 Terrarium kurz nach seiner Eröffnung |
Der Zoologische Garten
Leipzig wird 1920 in den Besitz der Stadt Leipzig übergeleitet.
Von 1920 bis 1930 arbeitete Gebbing mit dem Stadtbaurat
Dr. Carl James Bühring zusammen. Sie beide verliehen dem
Garten dadurch seine charakteristische roten
Klinkerbauten. Sie verwendeten ausschließlich
hartgebrannten roten Klinker. Dadurch erhielten die
Massivbauten einen einheitlichen Rohstoff. Eine
bestechende Wirkung auf die Besucher übte die straffe
architektonische Aufgliederung in einen modernen
Quaderstil. Ein Paradebeispiel ist das Dickhäuterhaus
und die Bärenburg. Ein Problem welches die zwei Herren
ebenfalls abgeschafft haben ist das Wirrwarr von Wegen.
Sie schufen breite, avenueartige Promenaden mit
reizvollen künstlerisch gestalteten Blickpunkten nach
beiden Richtungen. Ein eindrucksvolles Bild hierfür
bietet die großzügige Achse zwischen Löwenterassen und
Vogelteich mit dem Durchblick nach dem wuchtigen
Klinkerbau des Dickhäuterhauses einerseits und der von
zwei Gingobäumen flankierte Jasondenkmal andererseits.
1926 wurde das wohl größte Tierhaus im Garten gebaut,
das Dickhäuterhaus. Man betritt einen hallenartigen Raum,
durch dessen Facettendecke das Licht auf die Besucher,
Tiere und Pflanzen fällt. In diesem Haus wurden diese
Giganten erstmalig ohne Gitter auf der Welt zur Schau
gestellt. An der Schmalseite des Hauses befindet sich das
Becken der Flußpferde, welches 13 m lang, 9.5, breit und
über 2 m tief ist und somit 300 Kubikmeter Wasser faßt.
Über dem Becken befinden sich künstliche Baumriesen von
denen Ranken in die Luft wachsen. Gegenüber der Gehege
der Elefanten befinden sich Boxen für Tapire. Zum Dickhäuterhaus
muß gesagt werden das erst etwa mehr als die Hälfte
fertiggestellt wurde, da während dem Bau des Hauses das
Geld ausging. Eine Erweiterung auf 12,5 ha des Zoogeländes
erfolgte 1927. Ein Jahr später baute man auf beiden
Seiten der Wegachse zum Dickhäuterhaus, die großen
Flugkäfige, von welchen der größere 30 m lang, 15 m
breit und 13 m hoch ist. Diese Größe gestattete selbst
den größten Greifen, von ihren Schwingen Genrauch zu
machen. In der Mitte der Wegachse baute man ein
Zierbecken (früher Flamingoteich) ein. Vor den Flugkäfigen
errichtete man die Raubtiertrassen. Diese Trassen sind in
drei Abteile getrennt. Die gesamte Anlage besteht
ausschließlich aus Beton, die Rückwände gestaltete man
in Form von Felsenwänden. Die Tiere, überwiegend
Sibirische Tiger, Löwen und Wölfe, sind durch breite
und tiefe Wassergräben von den Besuchern getrennt. Die
Nachtgehege befinden sich hinter den Rückwänden der
Anlage. Die Trassen sind mit dem Raubtierhaus über einen
Gittergang verbunden. Die Felswände wurden beabsichtigt
so hoch gebaut, da sich dahinter eine Industriefabrik
befindet, welche nicht in das Bild des Gartens paßt. Die
Bauweise dieser Art von Gehegen nennt man Panoramas,
welche erstmals von Carl Hagenbeck gebaut und erprobt
wurde. Im gleichem Jahr wurde das Jason Denkmal
aufgestellt, welches sich neben der Pinguinbucht befindet.
1929 erfolgte die Fertigstellung der Bärenburg, die
ebenfalls mit Klinker verkleidet wurde. Zwischen sechs
quaderförmigen Türen liegen fünft Abteilungen, welche
in einen bühnenartigen Aufbau untergliedert sind. Die
Fronttrennung der Tiere von den Menschen erfolgt, wie bei
vielen anderen Raubtieren durch alt bewährte Wassergräben,
welche 2 m tief und 4 m breit sind. Die rückwärtige
Abgrenzung bildet ein spitzer Graben mit einer hohen
Mauer. Die Wurf- und Nachtboxen der Tiere liegen in den Türmen
und unter den Freigehegen. Die letzten Bauten, die in der
Gebbingepoche verwirklicht wurden, waren die Rehsus-,
Pavian- und Pinguinanlage, welche heute unter
Denkmalschutz stehen. Nach Gebbings Tod 1935 wurde Prof.
Karl Schneider Direktor des Zoologischen Garten Leipzigs.
Er ist somit der dritte Gartenleiter in Leipzig. Durch
ihn erfolgte die Profilierung des Zoos als Bildungs- und
Forschungsstätte. Noch im gleichen Jahr entstand unter
der Idee und Leitung von Schneider ein Tierkindergarten.
Die Idee, die hinter dem Projekt steht, ist, ich zitiere
Schneider, folgende: "Diese Schöpfung geht von dem
Gedanken aus, das Tier möglichst ungehemmt vor dem
Besucher hinzustellen. Alle Schranken fallen, kein Gitter,
kein Absperrgraben steht mehr zwischen Mensch und Tier
[...]. In einem Satz heißt es, Stadtkinder und
Erwachsene, die sonst kaum Gelegenheit haben Tiere
anzufassen, sollen Tiere wortwörtlich begreifen können.
Im Tierkindergarten wurden, wenn möglich, überwiegend
Jungtiere vieler verschiedener fremdländische und
einheimischer Wildtiere und des weiteren Haustierjunge
und ihre Eltern zur Schau gestellt.
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Abb.:
06 Der Tierkindergarten des Zoo Leipzig |
Drei Jahre später
entstanden die Robbenklippen an der Stelle der ehemaligen
Seelöwenanlage (1912). Die Robbenklippen wurden am Pleißeufer
erbaut. Es stellt ein sehr eindrucksvolle Form der
Tierhaltung dar. Die Anlage mußte mittlerweile wegen
Baufälligkeit und zu starke Wasserverschmutzung des
Parthewassers abgesprochen werden.
Wir befinden
uns nun in der schrecklichen Zeit des 2. Weltkrieges,
welche viele Zoologische Gärten zerstörte und auch den
Garten in Leipzig nicht verschonte. 1943 wurden Teile des
Verwaltungsgebäude, das Aquarium und Planetarium durch
Brandbomben zerstört. Zwei Jahre später, am 06.04.1945
wurde die Kongreßhalle, sowie das Verwaltungsgebäude
und wiederum das Aquarium, welches gerade erst
ausgebessert wurde, durch Sprengbomben schwer beschädigt.
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Abb.:
07 Das zerstörte Aquarium nach dem 2. Weltkrieg |
Nach dem Krieg 1947 erfolgte
eine Erweiterung des Zoogeländes auf 16 ha. Von 1955
1957 leitet Prof. Dr. Heinrich Dathe, nach dem Tod
von Prof. Dr. Schneider den Garten kommissarisch. Dathe
ist der Gründer, des in DDR Zeiten erbauten
Tierparks Berlin Friedrichsfelde. Nach 1957 übernimmt
Prof. Dr. Ludwig Zukowsky die Direktion des Gartens als
vierter Zoodirektor. Er übte sein Amt sieben Jahre aus
und trat aus Altersgründen in den Ruhestand. Abgelöst
wurde er von Prof. Dr. Siegfried Seifert. Kurz nach
Amtsantritt entwickelte er einen Perspektivplan. Dank
dieses Plans entstand 1968 die Zuchtanlage für den
Amurtiger und andere bedroht Großkatzen. Der Zoologische
Garten Leipzig züchtet zwar noch immer Großkatzen,
verlegte aber sein Schwerpunkt die Löwen, auf den
Amurtiger, der in seiner Heimat Sibirien, wie viele
andere Tiere gejagt wird und somit bedroht ist. Die
Zuchtanlage, auch Tigerfarm genannt, teilt sich in sechs
volierenartige Gehege, an denen feste Unterkünfte liegen,
welche man wiederum in zwei Abteile trennen kann. 1969
entstand aus dem alten unzweckmäßig gewordenen
Antilopenhaus das neue Vogelhaus mit Freiflughalle. Über
das Bauwerk spanne sich fünf, auf Stelzen gelagerte,
Stahlträger an dem das Dach hängt, welches aus Glas
besteht. Diese Art, die Verstrebungen außen und nicht
wie üblich innen anzubringen, verhindert unerwünschten
Unterschlupf der Vögel. Im Turm des Hauses, welcher sich
direkt daran angliedert, sind Kalifornische Seehunde
untergebracht. Vor dem Turm befindet sich zusätzlich ein
Becken für diese Tiere. Zur gleichen Zeit wird die
Zooschule gegründet, welche begeistert von Schulklassen
und AGs, die dabei naturnahe Biologie erhalten,
angenommen. 1972 entstand gegenüber des Freigeheges der
Flußpferde ein Gehege für dessen kleinere Verwandten,
die Zwergflußpferde. Zwei Jahre später wurde die
Gibbonanlage, gegenüber dem Neuem Raubtierhaus, durch
die Zoolotterie finanziert, gebaut. Des weiteren wurden
mehrere große Papageinvolieren an das Alte Vogelhaus
angegliedert. 1976 wurde der Garten auf seine heutige Größe,
22,5 ha, erweitert. Durch das gewonnen Gelände machte
der Garten den besten Schritt, den es in seiner Zeit nur
machen konnte. Es wurden im gleichen Jahr drei großflächige
Huftieranlagen an der Rosentalwiese und das Berggehege
sowie das Zebrahaus was sich im alten Teil des Garten
befindet, gebaut. Die Huftieranlagen entstanden auf einem
80 bis 100 breiten und 500 m langen Streifen an der
westlichen Gartengrenze. Die Abgrenzung zwischen der
Rosentalwiese und der Anlage, sowie zwischen Anlage und
Garten, bildet ein 750m langer Wassergraben, auf dem auch
zu den Anlagen gehörende Wasservögel Platz finden. Ich
schrieb oben "den besten Schritt", ich denke es
wurde mit dem Bau dieser Anlagen unbewußt oder bewußt
Gemeinschaftshaltung von mehreren Arten aus dem gleichen
Lebensraum praktiziert, welches ein wichtiges Kriterium für
modere Zootierhaltung darstellt. Das Berggehege gegenüber
der Mittelanlage entstand durch Aufschüttung, der aus
den Wassergräben gewonnene Erde und zusätzlichen
Findlingen. In den folgenden zehn Jahren wurden mehrere
Projekte verwirklicht. 1982 öffnete ein für damalige
Verhältnisse recht modernes Menschenaffenhaus, seine Türen.
Das Hausinnere ist durch seine Glaskuppel sehr hell. An
den Seiten des Hauses befinden sich drei Großgehege. Die
Tiere sind durch 30 mm starkes Panzerglas von dem
Menschen getrennt, störende Gitterstäbe fallen somit
weg. Die Luftfeuchtigkeit und Temperatur jedes Gehege
kann individuell geregelt werden. Zu jedem Gehege gehört
auch ein Außengehege, in das die Tiere bei warmen Wetter
gelassen werden. 1984 wurde an der Stelle einer
ehemaligen Ponyreitbahn eine Anlage für kleine Pandas
eingerichtet. Dieser Bau dankte das Pärchen, indem es
seit 1986 regelmäßig züchtete. Diese Zucht existiert
heute nicht mehr. 1986 erfolgte die Angliederung eines
Klimaraumes für die Pinguine. Zwei Jahre nach der
Wiedervereinigung Deutschlands wurde ein Projekt
fertiggestellt, welches bereits vor der Wende begonnen
wurde, das Neue Aquarium mit dem dazugehörigen
Planetarium. 1984 ergab eine bautechnische Untersuchung
des Aquarium das sich die Beckenfundamente durch
intensive Nutzung und kriegsbedingte Spätfolgen setzten.
Es bestand die Gefahr das dicken Glasscheiben brechen.
Des weiteren lagen teilweise die Stahlamierungen frei und
rosteten. Man entschied sich das Haus zu schließen und
eine gründliche Rekonstruktion durchzuführen. Das
Aquarium wurde von Grund auf erneuert, nur die äußere
Fassade blieb erhalten. Parallel dazu entwickelte Seifert
Vorstellungen für einen zweigeschössigen Aquariumneubau.
Baubeginn dieses Neubau war 1985. Die Projektion erfolgte
durch Leipziger Architekten Horst Kram und seinen
Mitarbeiterstab, der natürlich eng mit Garten zusammen
arbeitete. 1989 wurde in das rohbaufertige Aquarium die
teilweise nicht zur Verfügung stehende Heizung- und Lüftungstechnik
eingesetzt. Im selben Jahr wurde die Rekonstruktion des
alten Hauses beendet. Dabei entstand aus vielen
Zierfischbecken eine große Panormabecken für
Korallenfische. 1992 wurde das Haus eröffnet, in dessen
untere Etage sich mehrere Landschaftsbecken und in der
oberen Etage ein Ringbecken und ein Planetarium befinden.
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Abb.:
08 Der Rohbau des neuen Aquariums |
1993 löst Dipl.-Biol. Peter
Müller den aus Altersgründen zurückgetretenen Prof. Dr.
Seifert ab und tritt das Amt des 6. Zoodirektion an. Er
hat nun die Aufgabe oder besser die Chance den Garten zu
verbessern. Das heißt alte Bausubstanz zu rekonstruieren
und neue moderne Zootierhaltung zu schaffen.
2.2 Kurzcharakteristiken der
bisherigen 6 Zoodirektoren
- Ernst Pinkert
Er wurde
1844 in Hirschfeld bei Zittau geboren. Pinkert kam
sehr früh nach Leipzig und übernahm hier den
Pfaffendorfer Hof als Pächter. Um das Geschäft
voranzutreiben, stellt er eine von Hagenbeck
eingestellte Wandergruppe, bestehend aus fremdländischen
Tieren, zur Schau. Er war der Gründer des
Zoologischen Gartens zu Leipzig und eröffnet diesen
am 09.06.1878. Pinkert scheute es nicht zoologisches
Neuland z betreten. 1893/94 stellte er als erster
einen ausgewachsenen Orang Utan in Europa zur Schau.
Sein Leben war der Zoo, seine Spezialität, war die
Zucht von Großraubtieren, besonders die der Löwen.
Er starb 65-jährig, am 24.04.1909 als alleiniger
Leiter des Garten in Leipzig.
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Abb.:
09 Erster Zoodirektor Ernst Pinkert |
- Dr. Johannes
Gebbing
Gebbing war der
zweite Direktor und leitete den Garten von 1910 bis
1935. Er erweiterte den Zoo um sein privat
betriebenes Aquarium. Er war es, der den Garten durch
sein kaufmännischen Geschick und Organisationstalent
über die Nachkriegs- und Inflationsjahre rettete.
Gebbing war es auch, der ab 1926 dem Garten gemeinsam
mit Brühing, die für den Garten Leipzig
charakteristischen Klinkerbauten entwickelte. Es
entstand unter seiner Leitung das Dickhäuterhaus,
die Bärenburg und die beiden Flugkäfige, welche
damals in ihrer Größe weithin unübertroffen waren.
- Dr. Karl Max
Schneider
Dritter Zoodirektor,
von 1935 bis 1955, sprich 20 Jahre lang, war Prof.
Karl Max Schneider. Er ist ein Mann der mit dem Zoo
sehr vertraut war, denn er war 1919
Direktorialassistent von Gebbing. Er ist ein Mann,
der sehr viel Wert auf wissenschaftliche Arbeit, wie
Beobachtung, Forschung und Öffentlichkeitsarbeit
legte. Ihm ist es zu verdanken, daß der
Tierkindergarten entstand. Die Idee dieser
Einrichtung war es das Stadtkinder im wahrsten Sinne
des Wortes, Tiere begreifen, indem sie lebende Tiere
anfassen können und hier auch dürfen ! Des weiteren
schrieb er sehr viele Bücher über Filanea, sprich
über Großkatzen wie zum Beispiel "Mit Löwen
und Tigern unter einem Dach", "Mutterliebe
bei Tieren" oder "Tiere im Zoo".
1952 wählte man ihn zum
Vizepräsidenten der International Union of Director
of Zoological Gardens IUDZG. Drei Jahre später
starb Max Schneider.
Zwei Jahre, von 1955 bis
1957, leitete Heinrich Dathe den Garten Leipzig
kommissarisch.
- Dr. hc. Ludwig
Zukowsky
Der vierte Direktor
des Gartens war Dr. hc. Ludwig Zukowsky. Er leitete
den Garten von 1957 bis 1963. Unter seiner Leitung
wurde der Tierbestand des Garten wesentlich erweitert
wie zum Beispiel Orangs, Wisente, Giraffen und
afrikanische Elefanten. Er begann seine zoologische
Laufbahn ziemlich ungewöhnlich für damalige Verhältnisse.
Nach einer Lehre als Wagenlackierer folgte eine
zoologische Ausbildung am Berliner Museum für
Naturkunde. 1913 durfte er bei Hagenbeck anfangen zu
arbeiten. Er war verantwortlich für die
systematische Bestimmung der großen Tiertransporte
Hagenbecks. Wer die Geschichte Hagenbecks etwas kennt,
weiß das man damit locker vier Männer hätte beschäftigen
können, da Hagenbecks seiner Zeit den größten
Tierhandel betrieb. Danach war er im Zoo Frankfurt
als Schriftsteller und wissenschaftlicher Mitarbeiter
tätig. 1949 baute er den kriegszerstörten Zoo Münster
auf.
- Dr. rer. Nat.
Siegfried Seifert
Zum fünften Direktor
des Gartens wählte man Dr. rer. nat. Siegfried
Seifert. Er begann am 01. September 1964 sein Amt
wahr zu nehmen. Zuvor baute er den Rostocker Zoo auf
und leitete diesen 10 Jahre lang. Er entwickelte
einen Perspektivplan für den Garten unter der Rücksicht
Vorhandenes zu bewahren. Durch Öffentlichkeitsarbeit
schaffte er es Betriebe für Projekte des Gartens zu
gewinnen. 1997 schuf er die zukunftsweisende
Gemeinschaftsanlagen an der Rosentalwiese. 1988 wurde
er ebenfalls wie Prof. Schneider zum Vizepräsidenten
und 1991 zum Präsidenten der IUDZG gewählt berufen.
Er schreib ebenfalls viele wissenschaftliche
Schriften wie "Gedanken zur Weiterentwicklung
des Leipziger Zoos" und "Untersuchungen zur
Fortpflanzungsbiologie der im Zoologischen Garten
Leipzig gehaltenen Großkatzen unter besonderer Berücksichtigung
der Löwen-Panthero leo".
- Dipl.-Biol. Peter
Müller
Am 02.01.1940 wurde
in Niesky, Oberlausitz ein Mann geboren, welcher
heute den Zoologischen Garten Leipzig als sechster
Zoodirektor leitet. Er schloß 1958 die Oberschule
mit Abitur ab. Bis zu seinem Studium 1959 an der
Martin Luther - Universität Halle arbeitet er
in einem Fotolabor und im Vermessungswesen. 1963 war
eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter im
Zoologischen Garten Leipzig frei. Nun war er mit
seinem Studium noch nicht fertig. Also beantragte er
eine Examatrikulation mit der Festlegung den
Studienabschluß extern nachzuholen. 1966 beendete er
sein Studium. Seine Diplomarbeit beinhaltete das
Thema "Experimentelle Untersuchung über den
Farbsinn bei Carnvoren Versuche an Fleckenhyänen".
Bis 1982 durchlief er
den Wissenschaftlichen Assistent, den
Wissenschaftlichen Oberassistent und zum Ende den
Direktorialassistent und Stellvertretenden Direktor.
Er schöpfte reichlich Erfahrung aus
unterschiedlichen Fachgebieten. So verwaltete er die
Kuratoren des Aquarium/Terrarium, der Vögel und der
Raubtiere. Der Mann hat sich in internationalen
Arbeit, Achtung und Ansehen verdient. Er ist
Zuchtbearbeiter des Internationalen Zuchtbuches der
Tiger. Dieser Mann heißt Peter Müller.
Die Direktoren des Zoos
durchliefen häufig Krisen wie 1. und 2. Weltkrieg,
wobei die Gewinne aus der Löwenzucht zur Überwinterung
halfen. Dipl.- Biol. Müller hat nun die Aufgabe den
Zoologischen Garten Leipzig über die Auswirkungen
der Wiedervereinigung
zubringen und den Garten in das Jahr 2000 zuführen.
2.3 Leipziger Löwenzucht
Raubtierzucht
Panthera
leo schon frühzeitig bekamen die Bürger der
Stadt Leipzig die Gelegenheit lebendige Löwen zu sehen.
Durch die Messe wurden viele Menagerien und Tierschauen
angezogen. Einer davon war Johann Reichert, der zur
Neujahrsmesse 1669 fünft Tage lang einen Löwen und
einen Leoparden zur Schau stellte. Die Keimzelle der
weltberühmten Leipziger Löwenzucht war das Alte
Raubtierhaus, indem der erste Wurf am 15.10.1880 fiel.
Inzwischen wurden an der Pleiße ca. 2500 Wüstenkinder
geboren. Durch zielgerichtete Zucht erreichte man es in
Leipzig eine ausgestorbene Löwenunterart, den Berberlöwen,
Panthera leo leo, durch Selektion von
Mischlingsbeständen wenigstens in seinen phänotypischen
Merkmalen rück zu züchten. Der letzte freilebende
Berberlöwe, deren einstiges Verbreitungsbebiet sich von
Maokko bis Lybien erstreckte, wurde 1922 erschossen, in
Gefangenschaft befanden sich zu dieser Zeit noch reinblütige
Tiere im Zoo des Sultans von Marroko-dieser Bestand wurde
später leider mit einer anderen Löwenunterart gemischt,
sodaß diese Tiere genetisch nicht mehr rein waren, phänotypisch
aber noch eine große Ähnlichkeit mit Berberlöwen besaßen.
Diese Löwenform zeichnete sich durch einen
stattlichen Wuchs einer krätigen dunklen Mähne, die
sich über Kopf, Hals, Brust, Schulter und Bauch
erstreckte, aus.Neben dem Berberlöwe, wurden bereits
weitere zwei Unterarten, der Kaplöwe, P.l.melanochaita
aus Südafrika und der Persische Löwe, P.l. persica,
ausgerottet Die Zucht verhalf dem Zoo zu einträglichen
Gewinnen, denn die "Könige der Tiere" waren zu
dieser Zeit in anderen Gärten, Menagerien und Zirkussen
sehr begehrt. Eine Ironie des Schicksals war es, daß
sogar Tiere in Zoologische Gärten nach Afrika verkauft
wurden. Das machte die Leipziger Löwenzucht weltberühmt.
Beachtliche Zuchtleistungen brachten 14 Löwinnen die in
ihrem Leben mehr als 40 Junge zur Welt brachten. Das
leistungsstärkste Tier war Julia, sie brachte in 14
Jahren 51 Junge in 12 Würfen zur Welt. Sechs männliche
Tiere zeugten in ihrem Leben mehr als 100 Junge. Das kräftigste
Tier "Herras" zeugte 215 Junge in 68 Würfen
bis zum Alter von 16,5 Jahren.
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Abb.:
10
Einer der Leipziger Löwen in der
Raubtierterrasse |
Da heute
die Zucht von Löwen in zoologischen Gärten keine
Seltenheit mehr darstellt und die Löwenbestände, außer
der des Indischen Löwens, Panthera leo goojratensis,
Zuchtbuchführung in Knoxville/USA, relativ gesichert
sind, verlagerte der Garten seine Zucht auf andere
bedrohte Großkatzenarten wie in erster Linie den
Amurtiger, Pantera tigris altaica, aber auch
seltene Leopardenunterarten, wie den Amurleoparden, Panthera
pardus orientalis. Des weiteren wurden auch
Kleinkatzen wie das bedroht Ozelot und Nebelpander gezüchtet.
Die Kleinkatzen nehmen ein beträchtlichen Teil im Neuen
Raubtierhaus ein, da die Platzverhältnisse ein, da die
Platzverhältnisse es nicht mehr zulassen, Großkatzen in
jedem Gehege des Hauses zu halten. Für die Tiger wurde
extra eine Zuchtanlage, in Form von sechs Volieren gebaut.
In dieser sogenannten Tigerfarm wurden seitdem 300
Amurtiger geboren, was etwa dem heutigen Wildtierbestand
dieser größten Unterart des Tigers, Panthera
tigris entspricht. Diese Erfolge fanden gebührenden
Anerkennung beim Internationalen Verband Direktoren
Zoologischer Gärten und bei der Internationalen
Naturschutzunion. Deshalb trug man dem Zoo Leipzig die
Zuchtbuchführung des Tigers zu. In diesem Buch sind alle
reinblütigen Tiger, die in Zoos der Welt leben,
registriert. Die drei am häufigsten gehaltenen
Unterarten sind Amurtiger P.t.altaica,
Sumatratiger P.t.sumatrae und Bengal-oder Königstiger
P.t.tigris. Der Tierpark Berlin-Friedrichsfelde
ist einer der wenigen Institutionenalle drei Formen, so
daß ein Vergleich möglich ist, bemerkenswert ist aber
das einzigste Pärchen Hinterindische Tiger, P.t.corbetti,
in Deutsdchland.l Der Garten Leipzig übernimmt
auch die Aufgabe des Koordinators der Welt Zucht
Programm für Tiger.
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