Die Anpassungen der Cricetini (Hamster) an ihre Lebensräume



1. Einleitung

Über die meisten Hamsterarten ist bisher nur wenig bekannt. Die Hamster sind zu häufig um für den Artenschutz interessant zu sein, aber andererseits auch meist zu selten um als Schädlinge aufzutreten. Sie werden also auch für die Landwirtschaft, mit einigen Ausnahmen, kaum interessant. Dies ist möglicherweise ein Grund, warum sich nur wenige intensiv mit diesen Tieren beschäftigt haben. Außerdem führen Hamster ein heimliches, nachtaktives Leben. Tagsüber sieht man sie kaum, und auch nachts fliehen sie meist, bevor man sie entdeckt. Im Gegensatz dazu ist der Goldhamster ein beliebtes Heimtier. Das meiste Wissen über ihn basiert jedoch auf Gefangenschaftsbeobachtungen. Wildlebende Goldhamster wurden das letzte Mal 1930 von AHARONI gefangen.
In dieser Arbeit möchte ich auf die Anpassungen der Hamster an ihren Lebensraum eingehen, und die Tiere in dieser Hinsicht charakterisieren.

2. Ein Kurzüberblick über die Arten der Cricetini

Hamster sind kleine 6 - 34 cm große hauptsächlich nachtaktive Wühler Eurasiens. Es sind Säugetiere (Mammalia).Die Hamster gehören zur Ordnung Rodentia (Nagetiere), zur Unterordnung Myomorpha (Mäuseverwandte), zur Überfamilie Muroidea (Mäuseartige), zur Familie der Cricetidae (Wühler) und zur Unterfamilie Cricetinae (Hamster) und zur Gattungsgruppe Cricetini (eigentliche Hamster) . Es gibt 16 Arten. Eine weitere Art, der Afrika - Hamster, kommt in Südafrika vor. Er wird in einer eigenen Unterfamilie, den Cricetidae zugordnet. Allerdings ist hier die Stellung im System noch nicht geklärt und dieses Tier wird auch manchmal zu den Madagaskarratten gestellt. Da diese Art auch nicht zu den eigentlichen Hamstern gehört, möchte ich auf den Afrika-Hamster nicht näher eingehen. Auch bei einer Gattung der Cricetini, Calomyscus, ist die systematische Stellung noch nicht endgültig geklärt. Trotzdem möchte ich auch dieses Tier hier erwähnen. Innerhalb der Cricetini gibt es sieben Gattungen:

    - Cricetus (Großhamster):

Zu dieser Gattung gehört nur eine Art, der Feldhamster (Cricetus cricetus; Abb. 01). Er hat eine Unterart, Cricetus cricetus nehringi. Diese Unterart lebt in Innerasien und ist nur an der geringeren Körpergröße erkennbar. Geographische Unterschiede gibt es nicht. Außerdem gibt es noch einige Standortformen. Die Art wird auch Schwarzbauchhamster oder Großhamster genannt. Der Feldhamster ist mit 24 bis 34 cm Körper- größe die größte Hamsterart. Feldhamster leben von Mitteleuropa ostwärts bis Mittelasien in Steppengebieten und auf Feldern. Er kommt im Flachland bis 500 m Höhe vor. Feldhamster wurden früher als Plage gejagt aber auch ihres Felles wegen gefangen. In Deutschland stehen Feldhamster unter Naturschutz.
 

Abb.: 01 Feldhamster (Cricetus cricetus), 
gut sichtbar ist der schwarze Bauch 
(aus Leipziger Volkszeitung; Datum unbekannt)

 

    - Mesocricetus (Mittelhamster):

Innerhalb dieser Gattung gibt es mindestens vier Arten. Sie sehen sich sehr ähnlich, es gibt auch viele Standortformen. Erst durch Überprüfen der Chromosomensätze konnten folgende vier Arten nachgewiesen werden: Goldhamster (Mesocricetus auratus), Rumänischer Goldhamster (Mesocricetus newtoni), Kaukasischer Hamster (Mesocricetus brandti) und Schwarzbrusthamster (Mesocricetus raddei). Vom Schwarzbrusthamster gibt es mindestens zwei Unterarten: M. r. avaricus und M. r. nigriculus. Die Mittelhamster sind zwischen 10 und 16 cm groß. Der Kaukasische Hamster ist die südlichste Mesocricetusart. Die Fußsohlen der Mittelhamster sind unbehaart und die Sohlenschwielen gut ausgeprägt. Über das Leben der Mittelhamster in Freiheit ist nur sehr wenig bekannt. Goldhamster wurden bisher nur auf der aleppinischen Hochebene in Syrien gefunden. 1839 entdeckte und beschrieb WATERHOUSE den ersten Goldhamster, er nannte ihn Cricetus auratus. Das blieb lange der einzige Fund, der Goldhamster geriet fast hundert Jahre in Vergessenheit. 1902 untersuchte Prof. Nehring ein Spirituspräparat. Er stellte fest, daß der Goldhamster mit seinen 6 - 8 Zitzenpaaren nicht in die selbe Gattung wie der Feldhamster gestellt werden kann, der nur 4 Zitzenpaare besitzt. Die Mittelhamster unterscheiden sich von den Großhamstern auch durch eine andere Schädelausbildung. Erst 1930 wurden wieder Goldhamster gefunden. Prof. Aharoni grub während einer Expedition mit Studenten einen Goldhamsterbau aus und fand eine Hamstermutter mit 12 Jungen. 3 Tiere überlebten und sind wahrscheinlich die einzigen Vorfahren aller heute in Menschenobhut gehaltenen Goldhamster.
Der Rumänische Goldhamster wird auch Dobrudscha-Hamster genannt. Typisch für ihn sind gelblich-weiße Ohrstreifen. Er lebt in Rumänien und Bulgarien in Steppengebieten, Luzerneschlägen und auf Grasflächen. Vermutlich ähnelt seine Lebensweise der des Feldhamsters. Rumänische Goldhamster meiden menschliche Siedlungen.
Schwarzbrusthamster kommen vom östlichen Kaukasus über die Ukraine bis Bulgarien und Rumänien vor. Sie bevorzugen trockene Steppen, leben aber auch in Getreidefeldern.
Kaukasische Hamster sind in der Türkei, in Nordisrael und in südlichen Kaukasusgebieten zu finden.
 

    - Phodopus (Kurzschwanz-Zwerghamster):

Zu den Kurzschwanz-Zwerghamstern gehören zwei Arten, der Dsungarische Zwerghamster (Phodopus sungorus; Abb. 02) und der Roborowski- Zwerghamster (Phodopus roborovskii; Abb. 03, 04). Die Dsungarischen Zwerghamster werden in zwei Unterarten unterteilt, die Echten Dsungaren (Phodopus sungorus sungorus) und die Campbell- Zwerghamster (Phodopus sungorus campbelli). Die Arten der Gattung Phodopus haben eine gedrungenere rundlichere Körperform als andere Hamster. Die sehr kurzen Schwänze sind kaum zu sehen. Ihre Fußsohlen sind behaart, die Schwielen sind nicht sichtbar.
Der Dsungarische Zwerghamster wurde 1773 von PALLAS beschrieben. Während das Fell des Dsungaren grau ist, hat der Campbell-Zwerghamster ein sandfarbenes. Dsungarische Zwerghamster leben in Zentralasien, in der Mongolei, China und im westlichen Teil Rußlands. Sie bewohnen Halbwüsten, Steppen und Wüstengebiete.
Roborowski-Zwerghamster wurden 1902 von SATUNIN zum ersten Mal beschrieben. Mit nur 6 - 8 cm Größe ist er die kleinste Hamsterart. Er sieht dem Campbell-Zwerghamster ähnlich, hat aber keinen Aalstrich wie der Campbell und außerdem haben Robos weiße Haarbüschel über den Augen. Roborowski - Zwerghamster leben in der Mongolei und in China in Sand- und Halbwüsten.
 

Abb.:02 Dsungarischer Zwerghamster (Phodopus sungorus sungorus)
Aufnahme N. Nemnonow (aus Flint 1966
"Die Zwerghamster der palöarktische Fauna)
Abb.: 03 und 04 Roborowski-Zwerghamster (Phodopus roborovskii)
Aufnahmen N. Nemnonow
(aus Flint 1966 "Die Zwerghamster der paläarktischen Fauna)

    - Cricetulus (Graue Zwerghamster):

Innerhalb der Cricetulus gibt es 5 Arten: Chinesischer Streifenhamster (Cricetulus griseus), Daurischer Zwerghamster (Cricetulus barabensis; Abb. 05), Langschwanz- Zwerghamster (Cricetulus longicaudatus; Abb. 06), Grauer Zwerghamster (Cricetulus migratorius) und Tibetanischer Zwerghamster (Cricetulus lama). Die Tiere der Gattung Cricetulus haben eine gestrecktere Schnauzenpartie als andere Hamster und die Schwänze sind mit 2 - 3 oder sogar bis 4,5 cm relativ lang. Die Fußsohlen sind nackt und die Sohlenschwielen gut ausgeprägt.
Der Chinesische Zwerghamster (Milne-Edwards, 1867) wird auch Chinesischer Zwerg- oder Seidenhamster oder Chinesenhamster genannt. Er wurde 1867 entdeckt und beschrieben, geriet dann scheinbar in Vergessenheit und wurde mit anderen Arten verwechselt. Mitte dieses Jahrhunderts wurde er wiederentdeckt, erst als Labortier zur Tumorforschung, später auch als Heimtier gezüchtet. Die Cricetulus-Arten sind 8 oder 10 bis 13 oder 15 cm groß (ohne Schwanz). Chinesische Zwerghamster kommen in der Mongolei und in China in Halbwüsten, Steppen und Wüsten vor. Sie leben als Kulturfolger. Dem Chinesischen Zwerghamster sehr ähnlich sehen Daurischer und Langschwanz-Zwerghamster. Der Daurische Zwerghamster (Pallas, 1773) und der Chinesische Zwerghamster wurden früher als Unterarten der selben Art angesehen. Erst durch Überprüfung der Chromosomensätze (Matthey, 1860) wurden sie als zwei selbständige Arten erkannt. Daurische Zwerghamster bewohnen Steppen, Halbwüsten, lichte Kiefernwälder, Felder und Siedlungen in der Mongolei, im Nordosten Chinas und im Südosten Sibiriens.
 

Abb.:05 Daurische Zwerghamster (Cricetulus barabensis), Aufnahme W. Fakanow (aus Flint 1966 "Die Zwerghamster der paläarkischen Fauna") Abb.:06 Langschwanz-Zwerghamster (Cricetulus longicaudatus), Aufnahme N. Woronzow (aus Flint 1966 "Die Zwerghamster der pläarktischen Fauna")

Der Langschwanz-Zwerghamster (Milne-Edwards, 1867) hat im Gegensatz zu den beiden vorhergehenden Arten keinen Aalstrich. Er besitzt eine für Hamster sehr langen Schwanz, bis 4,5 cm. Er kommt in der Mongolei und in angrenzenden Bezirken Rußlands vor. Er lebt im Gebirge, meist findet man ihn auf nach Süden abfallenden Hängen und Geröllhalden.
Der Graue Zwerghamster hat das größte Verbreitungsgebiet aller Hamster. Er kommt in Osteuropa und ostwärts bis in die Mongolei vor. Dort lebt er in Halbwüsten, Steppen, trockenen Feldern, Ödländern und Gärten, es gibt auch Nachweise aus felsigen Gebieten, lichten trockenen Nadelwäldern und unbewohnten Gebäuden. Er ist der einzige Zwerghamster der auch in Europa vorkommt. 1959 wurde er im Kaukasus zum ersten Mal gefunden, 1962 in Rumänien. Er hat sein Verbreitungsgebiet ständig nach Westen ausgedehnt. Deshalb heißt er mit wissenschaftlichem Namen auch „wandernder Zwerghamster“.
Der Tibetanische Zwerghamster ähnelt dem Grauen sehr und wird von manchen Wissenschaftlern auch als Unterart des Grauen Zwerghamsters angesehen. Tibetanische Zwerghamster kommen weiter südlich vor als die Grauen. Wie ihr Name schon sagt leben sie in Tibet. Dort kommen sie im kargen Vorland der großen Gebirge vor.
 

    - Allocricetulus:

Zur Gattung Allocricetulus gehören der Eversmann-Zwerghamster (A. Eversmanni, Brandt 1859; Abb. 07) und der Mongolische Zwerghamster (A. curtatus, Gl. Allen 1925; Abb. 08). Der Schwanz dieser Arten ist relativ kurz, jedoch nicht so kurz wie bei Phodopus. Im Schädelbau gibt es einige Merkmale die Allocricetulus mit Mesocricetus gemeinsam hat (Flint, 1966)
Der Eversmann - Zwerghamster hat eine Kopf-Rumpflänge von 14 - 16 cm. Er kommt in Kasachstan vom Norden des Kaspischen Meeres bis in den Westen der Mongolei vor. Dort lebt er in wüsten- und steppenartigen Lebensräumen und auf kultiviertem Land. Der Mongolische Zwerghamster ist etwas kleiner. Beide Arten ähneln sich in Aussehen und Lebensweise so sehr, daß sie früher als eine Unterarten der selben Art angesehen wurden. MATTHEY wies 1960 anhand der Chromosomensätze zwei selbstständige Arten nach. Der einzige auffällige Unterschied besteht darin, daß der beim Eversmann-Zwerghamster vorhandene dunkle Brustfleck beim Mongolischen Zwerghamster fehlt. Der Lebensraum der Mongolischen Zwerghamster liegt in der Mongolei. Sie sind dort in Steppen, lichten Trockenwäldern, Feldern, Gärten und menschlichen Siedlungen zu finden. Mongolische Zwerghamster kommen nirgends häufig vor.
 

Abb.: 07 Eversmanns Zwerghamster (Allocricetulus eversmanni) Aufnahme N. Nemnonow (aus Flint 1966
"Die Zwerghamster der palöarktische Fauna)
Abb.: 08 Mongolischer Zwerghamster (Allocricetulus curtatus)
Aufnahmen N. Nemnonow (aus Flint 1966 "Die Zwerghamster der paläarktischen Fauna)

    - Calomyscus (Maushamster)

In diese Gattung gehört nur der Maushamster (Calomyscus bailwardi, Thomas 1905, Heptner 1934; Abb. 09). Er hat eine Körperlänge von 8 - 10 cm und einen 7 - 10 cm langen behaarten Schwanz. Die Schwanzhaare bilden am Ende eine kleine Quaste. Die Ohren der Maushamster sind relativ groß. Maushamster besitzen im Gegensatz zu anderen Hamstern keine Backentaschen. Sie sehen Waldmäusen ähnlich haben aber ein hamsterartiges Gebiß. Manchmal werden innerhalb der Gattung Calomyscus 5 Arten unterschieden, von anderen wird nur C. bailwardi anerkannt. Maushamster kommen in Innerasien, Iran, Pakistan und Afghanistan vor. Dort leben sie in den westasiatischen Trockengebirgen bis 5000 m Höhe zwischen Felsspalten.
 

Abb.: 09 Maushamster (Calomyscus bailwardi)
Aufnahme P. Gambarjan (aus Flint 1966
"Die Zwerghamster der palöarktische Fauna)

    - Tscherskia:

Auch zu dieser Gattung gehört nur eine Art, der Rattenartige Zwerghamster (Tscherskia triton; Abb. 10). Mit  18 - 25 cm Körperlänge ist er der größte Zwerghasmster. Sein 7 - 10 cm langer Schwanz ist kaum behaart. Er sieht einer Schermaus ähnlich (Flint,  1966). Durch seine Größe und sein Aussehen hat er seinen deutschen Namen bekommen. Rattenartige Zwerghamster sind in der Nähe von Mooren, in Tälern und tiefgelegenen Gehölzen im nordöstlichen China, in der Mongolei, der Mandschurei, ferner auch in Korea und in einem kleineren Gebiet Rußlands nördlich von Wladiwostok zu finden. Es ist die einzige Hamsterart die feuchte Gebiete bevorzugt. Nach KITTEL soll der Rattenartige Zwerghamster schon zur medizinischen Forschung gehalten worden sein.
 

Abb.:10 Rattenartiger Zwerghamster (Tscherskia triton)
Aufnahme W.Kutscheruk (aus Flint 1966
"Die Zwerghamster der palöarktische Fauna)


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