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Mitteilungsheft 3/97

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DER WICKELBAR (POTOS FLAVUS)

 

Wickelbär (Ptots flavus), Jungtier
Foto: Klaus Rudloff 25. IX. 1983, Haltung: Zoo Erfurt

 

Systematische Einordnung: Ordnung: Raubtiere (Camivora)
Familie: Kleinbären (Procyon,dae)
Gattung: Potos mit einer Art
fotos flatus (F. Geoffroy St. Hilaire & 0. Cuvier 1795)

Andere Namen: Honey bear (bezieht sich auf den honiggelben Glanz seines Fells, nicht
auf dessen Vorliebe für Honig), Kinkajou (bei den Tupi Indianern in Brasilien),Mico de noche C'Nachtäffchen" in Mexiko)

Verbreitung: Ost-Mexiko bis Zentral-Brasilien. Er bewohnt die Wälder, ist Baumbewohner.
Er kommt sowohl in Meereshöhe als auch bis zu einer Höhe von 2500 m vor. Sein Habitat sind Regenwälder, Nebelwälder und tropische Feuchtwälder. Sein Revier umfaßt ca. 8 ha. Er -besetzt dieselbe ökologische Nische bei Nacht, die die Kapzineraffen bei Tag innehaben. Es gibt 8 Unterarten, davon kommen 2 in Mittelamerika, 6 in Südamerika vor.

Größe und Kennzeichen: Kopf-Rumpf-Länge 40,5-76 cm, Schwanzläflge 39,2-57 cm, Schulterhöhe 25,4 cm, Gewicht 1,4 kg - 4,6 kg. Das Männchen ist größer als das Weibchen.

Fellfarbe: Die Oberseite ist olivfarben, gelbbraun, braun. Im Norden des Verbreitungs-gebietes ist die Farbe blasser, im Süden dunkler. Die Tiere besitzen manchmal einen schwarzen Mittelstrich auf dem Rücken (Aatstrich). Die Unterseite istgelb, braungelb bis orange. Die Schnauze ist dunkelbraun bis schwarz gefärbt.

Sie haben ein 12 mm langes, wollenes Fell, das am Mittelstrich etwas länger ist. Der Kopf ist rund, die Schnauze kurz. Sie besitzen einen langen, beweglichen Schwanz, welcher als Kletter-, nicht aber als Greifschwanz verwendet wird. Gerade dieser Schwanz kennzeichnet die Wickelbären als ziemlich ausschließliche Baumtiere, im Gegensatz zu den Arten, die weit mehr Bodentiere sind. Beim Nasenbären wird der Schwanz nur als Balancierstange benutzt und nur gelegentlich zur Sicherung um einen Ast ‚gelegt. Beim Waschbären ist er viel zu kurz, um einem derartigen Zweck dienen zu können. Die Wickelbären haben sehr scharfe Krallen. Die Hinterfüße sind länger als die Vorderfüße. Die mit dichtem, kurzen, weißen Haar bedeckte Haut liegt der Kopfmuskulatur nur leicht an, ist stark verschiebbar und so locker mit dem Kopf verbunden, daß sie oft in Falten durchhängt (wird auch zum Bedecken der eigenen Augen im Schlaf verwendet). Das Gebiß besteht aus 35 Zähnen mit stark verbreiterten

Backen- und Vorderbackenzähnen und aus kräftigen Eckzähnen, die an der gefurcht sind. Siebesitzen eine schmale, 12 cm dehnbare Zunge. Sie sind Schi ähnlich, aber etwas gedrungener, kurzbeiniger. Sie sind Halbsohlengänger. verströmen einen moschusartigen Geruch, sie haben hierfür aber keine R/ Lebensspanne: 23 Jahre, 7 Monate (29 Jahre/Grzimek)

Verhalten: Der Wickelbär ist ein Nachttier, das tagsüber in hohlen Bäumen schi großer Hitze auch auf Astgabeln. Er hat eine feste Schlafhöhle. In einem Baum sehr schnell bewegen, von Baum zu Baum ist der Übergang aber sehr bedächtig. Einzelgänger oder paarweise. Kleine Truppen bleiben nur kurz als Freßgemeinsci zusammen. Territorien werden nicht verteidigt. Daß Männchen in Gefangenschaft gegeneinander aggressiv sind, könnte an der Haltung (Größe!) liegen. Daher~ Männchen in Zoologischen Gärten mit der Geschlechtsreife nach 2 Jahren g~ Natur gehen sich die Tiere aus dem Weg. Wickelbären setzen Duftmarken auf all Revier. Die Drüsenfelder liegen unterhalb der Mundwinkel, an Kehl- und und Halsdrüsen dienen zur sexuellen Stimulation. Allgemein dienen die Markieri mehr dem persönlichen Wiedererkennen. Unbekannte Individuen beriechen sich Schnauzen- und Kehldrüsen, um sich zu identifizieren. Die Drüsen dienen aber ai Markierung der Laufstrecke. Außerdem finden sich die Wickelbären im nächtlichen Dschungel so wieder.

Nahrung: In der Natur ernähren sich Wickelbären von Früchten, von Honig, von und kleinen Wirbeltieren. In der Heimhaltung gibt man bis zu 80 % Früchte und G Art, mundgerecht geschnitten. Banane ist ihre Lieblingsfrucht, 1 Banane pro Tag muß genügen. Auf das Obst wird täglich ein Obstquark gegeben, verrührt mit milchpulver, um die 20 % des Eiweißbedarfs zu decken. Fleisch wird wenig g~ sollte auch darauf verzichten, da der Geruch der Exkremente für eine Heimhaltung empfehlen ist. Selbstverständlich ist die tägliche Gabe von frischem Wasser. Die Menge des Futters ist nicht abhängig vom Verbrauch, da Wickelbären gern Man sollte ihnen pro Tier eine Hundeschüssel (für große Hunde) voll geben, d.h. pro Banane, 1 Apfel, 1 Mango oder Papaya, 1 Paprika, 1 Kiwi, 1 halbe Melone oder Ana Handvoll Erdbeeren oder Weintrauben oder andere Beeren, 1 Mohrrübe, ein bißchen und der schon erwähnten Fruchtquark. Lebendfutter wird selten genommen, Mäuse nach meiner Erfahrung gar nicht, wenn, Heuschrecken, aber sehr selten und wenig.

Unterbringung: Da der Wickelbär ein Baumtier ist, sollte man seinen Käfig besond hoch anlegen. Ich halte ein Paar Wickelbären in einem Käfig mit den Maßen 180 x cm. Der Käfig kann aus Holz wie aus Metall sein, in einem Holzkäfig fühlen sich die wohler. Wenn das Holz imprägniert und der Boden gefliest ist, ist die Abnutzung unbedeutend.
Große Äste müssen zum Klettern angebracht werden. Pro Tier muß ein Schlafkasten 80 x 40 cm) plus ein Kasten für die Aufzucht angebracht werden. Optimal ist es, wen die Schlafkästen von außen schließen kann (mittels einer Schiebevomchtung), damit den Käfig ohne Gefahr betreten kann. Außerdem sollte der Schlafkasten von außen -zu öffnen sein (bei Verdrahtung der Öffnung, damit einem der Bär nicht ins Gesicht um säubern zu können. Ais Einstreu verwendet man Hobelspäne.

Auf Grund ihres Aussehens werden Wickelbären oft für Schmusetiere gehalten. Hie man sich aber vor Augen halten, daß sie Raubtiere sind. Ihre Scharfen Krallen könne schwere Verletzungen zufügen, wenn nicht sogar Kinder und altere Menschen lebensgefährlich verletzen. Wickelbären können sehr zahm sein, werden aber im n Moment extrem aggressiv. So muß man im Umgang mit ihnen gegenseitigen Respe Vorsicht und ein gutes Gespür dafür haben, wann sie ihre Ruhe haben wollen.

Fortpflanzung: Das Weibchen hat 2 Zitzen und bekommt 1, selten 2 Junge. Die Bru ist durch Scheidenschwellung erkenntlich wie auch durch eine mehr oder weniger sta Erweiterung der Vaginalöffnung. Der Höhepunkt der Schwellung und des stärkeren K der Vulva ist nach durchschnittlich 8,1 Tagen erreicht und hält 2 (selten 1 oder 3> 1 an. Nur an diesen Tagen finden Kopulationen statt.

Die Hitzepenoden folgen einander etwa alle 2 Monate das ganze Jahr hindurch. Durch Belecken der Schnauzen- und Kehldrüsen wird die Kopulation initiiert. Die Kopulation kann bis zu 85 Minuten dauern.
Das lose Fell verhindert hierbei Wunden. Die Paarungen erfolgen nämlich nach mehr oder minder langem Treiben. Das heiße Weibchen kennt keine Gebärden der Kopulations-aufforderung, noch zeigt das Männchen ein ritualisiertes Werbezeremoniell. Die Ovulation wird durch diePaarung ausgelöst. Es gibt keine feste Paarungszeit, vielleicht aber Mai-September, aber in Surinam fallen die Geburten in den April bis Mai. Die Tragzeit beträgt 112-118 Tage, die Säugezeit 16-18 Wochen.
Die Neugeborenen sind spärlich behaart, haben flaumig silbergraues Fell mit dunklen Spitzen. Mit ca. 1 Jahr ist das Junge ausgefärbt. Die Jungen wiegen bei der Geburt 150-200 g. Die Augen und Ohren sindgeschlossen. Nach 7-19 Tagen öffnen sich die Augen, aber nicht gleichzeitig. Die Gehörgangsöffflung öffnet sich schon zwischen dem 1 .-5. Tag. Mit 7-8 Wochen nehmen die Jungen feste Nahrung zu sich, das erste Nestverlassen erfolgt zwischen dem 35.-40. Tag.
Die Mutterfamilie löst sich mit 4-5 Monaten auf. Nach 3 Monaten hat das Junge seine volle Bewegungsfähigkeit.
Das Männchen ist mit 1,5 Jahren, das Weibchen mit 2,25 Jahren zuchtreif.

Etwa 6 Wochen vor der Geburt ist eine Schwellung des Abdomen des Weibchens erkennbar. Drei Wochen vorher beginnt das Gesäugte deutlich durchzuhängen. Die Eröffnungsphase ist bis zum Erscheinen der Frucht kurz, die Austreibungsphase dauert wenige Minuten bis zu einer Stunde, und die Nachgeburtsphase (von Geburt über Austritt der Nachgeburt und Nachwehen) dauert wenige Minuten bis zu einer halben Stunde. Das Männchen kann bei der Aufzucht dateigelassen werden. Wenn allerdings der zur Verfügung stehende Raum zu begrenzt ist und VersteckmögtiChkeitefl gering sind und gar die Gruppe zahlenmäßig groß ist, kann das Weibchen das Junge bis zum Erkalten umhertragen, töten, sofort oder zu einem späteren Zeitpunkt vernachlässigen. Das Männchen hilft bei der Aufzucht nicht.Mach der Geburt herrscht ein enger Kontakt zum Jungen (Abfressen und Abtrinken von Fäkalien und Urin, hört nach 2-3 Monaten auf). Das Junge säugt liegend, umschlossen von der Mutter.
Ab dem 4. Monat wird das Junge nicht mehr getragen, es widersetzt sich. Anfangs wird der 'aiim nur geschleppt, dann klammert er sich ab der 3. Woche an die Mutter. Wenn das
- den jammernden Säugling am Hals packt, verstummt dieser sofort.
Junge kann anfangs seine Körpertemperatur nicht allein konstant halten. Die normale lstemperatur ist 36,95 0C. In den ersten Lebenstagen wird das Junge haupt-~tvn von Würmesinn und Erschütterungssifln geleitet, der Geruchssinn spielt anfangs I!ntergeordnete Rolle.
Geburt kann das Männchen (oder auch andere Jungtiere) dateigelassen werden. .ßrden sie weggejagt, später dann aber zugelassen.

Künstliche Aufzucht: Die UrngebungstemperatUr muß 28-32 0C betragen. Mit zuneh-Fellbildung kann man auf Zimmertemperatur absenken. In den ersten zwei
LeObft~OCh6fl 9-10 Mahlzeiten mit 6-8stündig& Nachtruhe, danach bis zur endgültigen UnWeflung auf feste Kost tagsüber 5-6 Mahlzeiten.

Anfangsnahrung: Hunde- oder Katzenmilchersatz oder mäßig fette Kuhmilch, die mit Serutnei wtß, flüssigem Eidotter und Kondensmilch angereichert wird. Mit Pipette verabreichen oder Puppenfläschchen mit sehr kleiner Saugöffnung.

Nahrungsmenge: 25-30 % der Körpermasse, bei Heranwachsen prozentual verringern. Jungtiere trinken nicht in einem Zug, sondern in Intervallen. Vor den Mahlzeiten Analmassage. Zellstoff oder Läppchen leicht anfeuchten oder mit einem Tropfen Öl geschmeidig machen. Bei trockenem oder zu grobem Material Entzündungsgefahr im Analbereich.
Der Milchkot ist hellgelb, fest, leicht perlenartig geformt. Ab dem 10.-14. Lebenstag gibt man Lebersatt: Leber zu Mus verarbeiten, mit 2 Teilen abgekochtem Wasser verdünnen. Der Kot wird dunkler, bleibt aber fest. Ab Ende der 3. Woche langsam auf feste Nahrung umstellen.
Milch bis Ende der 8. Woche zuf Ottern.

Lautäußerungen: Es gibt 7 verschiedene Lautäußerungen eines Wickelbären:
1. Pfeifen - leichte Erregung, speziell bei Jungen
2. Zetem - stärkere Erregung
3. Schnaufton u. Kläffen - plötzliches Erschrecken
4. Drohfauchen - Erschrecken, Wut
5. Zischen + Kreischen - starkste Erregung, vor dem Angriff
6. Zirpen - Locksignal u. Beschwichtigung zwischen Mutter und Kind, Beschwichtigung bei
der Paarung
7. Grunzen - Lockruf (selten)

Wickelbärweibchen lassen in Gegenwart der Jungen ein Beruhigungszirpen hören. Auf schwach störende Reize antwortet das Junge mit weinerlichem Pfeifen und Zetem. Erschnckt das Junge, dann faucht es kräftig und berdhigt sich erst, wenn es das Zirpen der Mutter vernimmt. Bei anhaltender Störung packt die Mutter mit den Kiefern das Junge an der Kehle und trägt es in Sicherheit. Mit Zirpen lockt die Mutter das fünf Wochen alte Junge zum Nachfolgen.
Nachts sind im Urwald die Rufe der Wickelbären zu hören, z.B. glockenhelle Paarungsrufe alle 20-25 Minuten.

Schrifttum:

BAUER, H. (1971): Eichhörnchen - Streifenhörnchen. Lehrmeister-Bücherei Nr. 25. Albrecht Philler Verlag, Minden.
DALQUEST, W. (1953): Mammals of the Mexican State of San Luis Potosi. Louisiana State Univ. Studies, Biol. Ser. no. 1.
FELTEN, H. (1955): Der Wickelbär (Potos flavus), ein Charaktertier der Wälder in El Salvador. Natur und Welt, 204-211.
FISCHER, J.v. (1874): Der Wickelbär (Cercoleptes caudivolvulus) als Stubengenosse. Der Zoologische Garten 1874, 300-306.
FORD, L.S., & HOFFMANN, R.S. (1988): Potosflavus. Mammalian Species No. 321, 1-9. American Society of Mammologists.
GRZIMEK, B. (1988): Grzimek's Enzyklopädie der Säugetiere, Bd. 3.

HUSSON, A.M. (1978): Potos flavus flavus. In: The memmals of Suriname. Leiden, Bnll.

NOWAK, R.M. (1991): Walker~s Mammals of the world. 2 vols., Sth ed. The John Hopkins University Press. Baltimore & London.

POGLAYEN-NEUWALL, 1. (1962): Beiträge zu einem Ethogramm des Wickelbären. Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 27.

- (1966): On the marking behaviour of the Kinkajou. Zoologica 51.

- (1973): Observations on the birth of a Kinkajou. Zoologica 58.

(1976): Zur Fortpflanzungsbiologie und Jttgendentwicklung von Fotos flavus
- Der Zoologische Garten (N.F.) Bd. 46, 237-283.

PUSCHMANN, W. (1989): Zootierhaltung - Säugetiere, Bd. 2. Verlag Henri Deutsch, Frankfurt a.M.


Roger KünkeI, Manfred von Richthofen-Str.18, D-12101 Berlin

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