Steppenwühlmaus
(Microtus brandti )
Die Steppenwühlmaus gehört zur
Familie der Wühler (Cricetidae) und zur Unterfamilie der
Wühlmäuse (Microtinae). Sie wird in die Untergattung
Lasiopodomys (Lataste, 1887) eingeordnet. Seit Ende der
20er Jahre werden über diese Tiere
Freilanduntersuchungen durchgeführt.
Verbreitung und
Lebensraum
Das Verbreitungsgebiet der Steppenwühlmaus
umfasst die Mongolei, Rußland und einen Teil Chinas.
Sie besiedelt krautarme Grassteppen, besonders bevorzugt
werden Echte Federgras- und Wermutsteppen (U. Zöphel,
1994). Durch die Weidewirtschaft im Norden und Westen des
Verbreitungsgebietes können sich diese Steppen weiter
ausbreiten. Damit vergrößert sich auch das
Verbreitungsgebiet von Microtus brandti, so stellte
Arvimed (1989; S. Ravcigijn, 1992) eine weiterhin
stattfindende Ausbreitung nach Westen fest. Schlüsselfaktor
für die Besiedelung von Biotopen ist für Microtus
brandti die Vegetationshöhe (U.Zöphel, 1994). Kurze,
bis 10 cm hohe, schüttere Vegetation wird eindeutig
bevorzugt. In ihrem Verbreitungsgebiet in den
Trockensteppen ist die Steppenwühlmaus der dominierende
Säuger.
Lebensweise
Aktivität:
Steppenwühlmäuse sind in einem sich jahreszeitlich verändernden
Wechselrhythmus aktiv. Die Tiere sind hauptsächlich
tagaktiv, wobei dies im Winter bei niedrigen Temperaturen
stärker ausgeprägt ist als im Sommer. Während im
Sommer 3 - 6 Aktivitätsphasen pro Tag auftreten,
vereinigen sich diese im Winter zu einem Aktivitätsplateau
(S. Ravcigijn, 1992). Die Tiere sind bei niedrigen
Temperaturen aktiver, wobei durch die Muskelarbeit
verstärkt Wärme freigesetzt wird. Im Sommer ist die
Aktivität besonders während der Dämmerung hoch, zur
Mittagszeit dagegen ist sie gering. Dadurch weichen die
Tiere den gegen Mittag besonders hohen Temperaturen aus.
Territorium und Sozialverhalten:
Steppenwühlmäuse neigen zur Gruppenbildung. Dadurch, daß
bei Microtus brandti die Jungtiere meist bei ihrer Mutter
bleiben, bilden sich matrifokale Sippen aus. Diese Sippen
besetzen Territorien. Im Herbst bilden die Wühlmaussippen
Schlafgemeinschaften für den Winter, welche sich aus 7
bis 17 Tieren zusammensetzen. Die Tiere solcher
Schlafgemeinschaften können sich gegenseitig wärmen, da
auch im Bau im Winter Minusgrade herrschen. Winterschlaf
halten Steppenwühlmäuse nicht, sie bleiben in dieser
Jahreszeit unterirdisch aktiv. Fortpflanzungsaktive Männchen
schließen sich nur im Winter einer Sippe an. Im Frühjahr
lösen sie sich wieder von der Gruppe. Auch trächtige
Weibchen wandern oft ab und können dann mit ihren Jungen
neue Sippen gründen (U.Zöphel, 1994).
Im allgemeinen sind die Weibchen aber platztreu, während
bei den Männchen stärkere Migrationsbewegungen
auftreten. Der Aktionsbereich eines Männchens beträgt
etwa 2500 qm, der eines Weibchens 1500 qm. Ein Männchenbereich
überlappt dabei 8, im Kerngebiet 3, Weibchenbereiche.
Dieses Revier wird vom Männchen zweimal täglich
abgelaufen. Dadurch kann er sich absichern, daß ihm kein
fortpflanzungsbereites Weibchen in seinem Aktionsraum
entgeht. Die Aktionsbereiche der Weibchen, die gemeinsam
einen Winterbau bewohnen, überlappen sich stark.
Eine Besonderheit dieser Wühlmäuse die dem Schutz vor
Feinden dient sind die Warnrufe. Sie lösen bis in eine
Entfernung von 50 m bei den Tieren eine Fluchtreaktion
aus (U.Zöphel, 1994).
Gangsysteme:
Die Sommerbaue der Steppenwühlmaus sind 0,25 bis 0,5 m
tief, in dieser Tiefe befinden sich auch die Sommernester.
Im Sommer kann ein solcher Bau bis zu 15 offene Ausgänge
besitzen. Die Baue einer Wühlmausgruppe sind durch ein
System von Pfaden und Schutzgängen miteinander verbunden.
Die Winternester werden in 0,5 bis 0,6 m Tiefe angelegt.
Hier wird die Anzahl der offenen Ausgänge wird auf ca. 3
verringert, zur Mitte des Winters können sogar alle
verschlossen sein und die Tiere leben für etwa 4 Monate
nur unterirdisch. Im Herbst beginnen die Wühlmäuse
verstärkt Vorräte einzutragen und Wintervorräte
anzulegen. Die Vorratskammern liegen oberflächennah
halbkreisförmig um das Nest verteilt. Teilweise sollen
sogar für unterschiedliche Pflanzen unterschiedliche
Kammern genutzt werden. Bei erneuter Nutzung eines älteren
Winterbaus werden Nest- und Vorratskammern neu angelegt (U.Zöphel,
1994).
Durch die Aktivität dieser Wühlmäuse, wie das Anlegen
von Gangsystemen und Vorratskammern, beeinflussen die
Tiere Bodenbildungsprozesse und bewirken dadurch die
Mosaikstruktur der Steppenvegetation (J.Peterson, 1994)
Fortpflanzung
Die Fortpflanzungsperiode der
Steppenwühlmaus liegt zwischen März und August. Ihr
Beginn ist abhängig von der Überwinterung der Tiere,
sowie von Licht und Temperatur. Steppenwühlmäuse sind
promiskuitiv, daß heißt, die Weibchen paaren sich mit
wechselnden Partnern. Ein Weibchen kann im Jahr 3 Würfe
aufziehen. Im Juni / Juli geht die Anzahl der Jungen zurück,
man spricht hier von einer Sommerkrise. Dies ist
wahrscheinlich darauf zurückzuführen, daß die Tiere
nach zwei bereits erfolgten Würfen erschöpft sind (S.
Ravcigijn, 1992). Die Tragzeit beträgt 23 Tage, meist
werden 5 - 6 Junge geboren. Diese sind nach 3 Wochen entwöhnt
und mit 60 - 90 Tagen ausgewachsen. Die Frühjahrsgeneration
weist ein schnelleres Wachstum auf als die
Herbstgeneration und kann sich noch im Geburtsjahr an der
Fortpflanzung beteiligen. Junge Männchen werden durch
fortpflanzungsaktive Männchen gehemmt, sodaß sie,
solange sie mit einem solchen Männchen zusammenleben,
nicht fortpflanzungsaktiv werden (U.Zöphel, 1994).
Haltung
Da Steppenwühlmäuse sozial
lebende Tiere sind, hält man sie am besten in Gruppen.
Nach Stubbe et al. (1986; S. Ravcigijn, 1992) zeigen die
Tiere ab einer Gruppenstärke von 4 Individuen ihr
normales Aktivitätsmuster. Im Schulzoo leben 3, 2 Tiere
in einem Terrarium mit den Maßen 90 x 35 x 35. Ihnen
steht eine Unterschlupfmöglichkeit in Form eines handelsüblichen
Kleinsäugerhauses sowie eine 10 cm dicke Schicht
Einstreu zu Graben zur Verfügung. Gefüttert werden die
Tiere mit Waldvogelfutter, Obst und Gemüse. Im Frühjahr
1998 wurden zum ersten Mal Junge geworfen. Obwohl seitdem
bereits häufig Paarungen beobachtet wurden, hat diese
Gruppe bisher nicht wieder nachgezogen.
Quellenangaben
Literatur: Peterson, Jens: "Der
Einfluß der Steppenwühlmaus Microtus brandti (Radde
1861) auf Struktur und Dynamik der Steppenvegetation in
der Mongolei"; Halle, Univ., Diss. 1994
Ravcigijn, Samjaa: "Der Einfluß
abiotischer Faktoren auf biologische
Parameter der Steppenwühlmaus Microtus brandti (Radde
1861)"; Halle, Univ., Diss. 1992
Zöphel, Ulrich: "Populations-
und ethökologische Untersuchungen an der
Steppenwühlmaus Microtus brandti (Radde 1861)";
Halle, Univ., Diss. 1994
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