MEINE ERSTEN ERFAHRUNGEN MIT PINSELSCHWANZ - BAUMMÄUSEN


- Chiropodomys gliroides -

Von Hans-Dieter Beerbalk, Berlin

Im Jahr 1993 erzählte mir ein Tierhändler von sehr wehrhaften Mäusen, die immer wieder beim Fangen von Gleitbeutlern in Iran Jaja, Neuguinea, erbeutet wurden. Nach seinen Schilderungen würden die internodien von Bambusstangen, die eine Öffnung aufwiesen abgeschlagen und dann im Lager in ein Faß mit Wasser getaucht werden. Neben Gleitbeutlern, Reptilien und Insekten würden auf diese Weise auch diese Mäuse gefangen werden. Sie seien jedoch so bissig, daß sogar Schlangen von Ihnen verletzt würden.

Wie auch immer, ich erhielt 6 lebende Tiere im Frühjahr 1994. Mir wurde mitgeteilt daß diese Tiere in Indonesien als Chiropodomys gliroides - Pinselschwanz-Baummäuse bestimmt worden waren. Nun, nach eingehendem Literaturstudium wurde klar, daß die Herkunftsangaben des Händlers nicht stimmen konnten.

Die Pinselschwanz-Baummäuse (Chiropodomys) sind mit sechs Arten im indo-malayischen Raum verbreitet. Die Art C. gliroides besitzt das größte Verbreitungsgebiet und ist mit sieben Unterarten vom indischen Assam über Südost-China auf Sumatra, Bomeo, Java und Bali verbreitet und bewohnen dort sowohl Primär- als auch Sekundärwälder und bevorzugt, wenn auch nicht ausschließlich, Bambusbestände (CORBET & HILL 1992) Neuguinea ist das Verbreitungsgebiet einer Reihe ähnlicher Formen, aber die Pinselschwanz-Baummäuse kommen hier nicht vor (FLANNERY 1995).

Nach NOWAK (1991) sind deutliche Merkmale der Gattung Chiropodomys die kurzen und gedrungen ersten Glieder der Hände und Füße. Chiropodomys gliroides ist die am besten bekannte Art. Hinweise über diese Art finden sich bereits in Wildtiere in Menschenhand (1982).

Die Tiere, die ich erhielt, waren oberseits schokoladenbraun, unterseits weißlich-grau und erinnernden in Größe und Bewegungen verblüffend an Haselmäuse (gliroides !). Die Haare sind zweifarbig, die unteren Zweidrittel grau und das letzte Drittel braun, so daß die Tiere je nach Zustand auch grau - gescheckt aussahen. Der berühmte Pinselschwanz konnte nur bei genauerem Hinsehen als kurze Borsten "flaschenbürstenartig" am Schwanzende bemerkt werden. Besonders auffällig waren die großen Nachtaugen und die großen, einzeln beweglichen, dunklen, durchscheinenden Ohren. Die Tiere kletterten geschickt, den Schwanz als Balancierstange nutzend, und suchten zunächst Unterschlupfe am Boden auf (alle gemeinsam). Vom Zoologischen Garten Berlin wurden mir dankenswerter Weise geeignete Bambusstangen aus den Rückständen der Bambusbärenfütterung zur Verfügung gestellt. In den mit den ca. 1 - 1,5 m langen und ca. 4 cm starken Bambus eingerichteten Terrarien siedelten die Tiere sofort in den Bambus um. Innerhalb einer Nacht wurden von zwei Tieren drei ca. 2,5 cm großen kreisrunde Öffnungen an der Basis eines Zwischenstückes (Internodium) genagt. Während der Bambus heftig benagt wurde, blieben allerdings Holzäste und Wurzeln weitgehend verschont.

Die Tiere wurden zunächst gemeinsam in einem Terrarium, 160 x 40 x 120 cm (LBH) untergebracht. Später wurden ein Paar gemeinsam mit Chinchillas und Cururos in diesem Terrarium gehalten

Zur Fütterung war lediglich bekannt, daß die gefangenen Tiere mit Maiskolben und Apfel ernährt wurden. Ich konnte die Aufnahme von kleinen Sämereien, Sonnenblumenkernen und Erdnüssen beobachten. Kokosnuß - Stückchen veranlaßten die Tiere sogar tagsüber den Futterplatz aufzusuchen. Zusätzlich nahmen die Tiere Grünen Salat, verschieden harte Obstsorten und Mehlwürmer auf. Grillen und Heimchen dagegen blieben unbeachtet. Meine Tiere zeigten sich streng nachtaktiv. Sie erschienen erst bei völliger Dunkelheit und jedes Geräusch führte zum Erstarren der Tiere, für wenige Sekunden, dann verschwanden sie blitzartig. Ein Verhalten, wie ich es so auch von Haselmäusen kenne.

Bereits nach wenigen Tagen mußte ich feststellen, daß die Schlafgemeinschaften zu trügerischen Fehleinschätzungen führten. Die Tiere waren untereinander so unverträglich, daß der Bestand nach wenigen Tagen auf 1,2 Exemplare dezimiert war. Obwohl bei paarweiser Haltung dreimal Jungtiere aufgezogen wurden (2 Zwillingswürfe, 1 Drillingswurf), konnte kein Bestand aufgebaut werden. Die Jungtiere wurden vom Muttertier selbst im großen Terrarium, vermutlich in der 5. -6. Lebenswoche getötet.

Aufgrund der heimlichen Lebensweise konnten wichtige biologische Daten nicht ermittelt werden. Offensichtlich empfiehlt es sich, die Tiere weitgehend einzeln zu halten und die Jungtiere im richtigen Moment herauszufangen. Aus der Literatur ist eine Gefangenschaftshaltung von 4 Jahren bekannt, so daß die Lebenserwartung recht hoch sein kann. Die Wildfänge waren stark mit Ektoparasiten befallen, deren Bekämpfung im eingerichteten Terrarium äußerst schwierig war. Daher sollten Importe unbedingt eine entsprechende Behandlung durchlaufen.

Schrifttum:

CORBET,G.B. & HILL,J.E. (1992): The Mammals of the Indomalayan Region. A systematic review. Oxford.
FLANNERY, T. (1995); Mammals of New Guinea. Carina /Australia.
NOWAK, R.M. (1991): Walker‘s Mammals of The World. Baltimore & London.
Autorenkollektiv (1982): Wildtiere in Menschenhand. Berlin.
 

Dr. Hans Dieter Beerbalk, Rot Berlin.
 

Dr. Hans Dieter Beerbalk, Rotkamp 9 D-13053 Berlin

Bericht aus Heft 3 /96
Mitteilungen
der Bundesarbeitsgruppe
(BAG)
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