Der Kurzkopfgleitbeutler 
(Petaurus breviceps, Shaws and Nogger, 1791)

Ein Tierporträt


Systematik: 

Überordnung: Marsupialia - Beuteltiere
Ordnung: Diprotodontia
Familie: Petauridae
Gattung: Petaurus
Art:  Petaurus breviceps (Waterhouse, 1839) - Kurzkopfgleitbeutler

 

Aussehen und Körperbau: 

Der Kurzkopfgleitbeutler, im Englischen Sugar glider genannt, hat ein wolliges Fell, welches oberseits grau gefärbt ist, die Bauchseite ist weiß-gräulich. Über den Rücken, von der Nasenspitze bis zum Schwanz zieht sich ein schwarzer Streifen, außerdem befindet sich je ein schwarzer Streifen an den Kopfseiten von der Nase über die Augen bis zu den Ohren. Der Schwanz ist vollständig behaart und buschig, er dient zur Steuerung der Gleitflüge. Die Tiere besitzen außerdem eine behaarte Flughaut, die sich zwischen dem fünften Finger der Hand und dem Fußgelenk an den Seiten des Tieres befindet. Die erste Zehe des Hinterfußes ist opponierbar, sicherlich eine Anpassung an die kletternde Lebensweise des Gleitbeutlers, kann er sich so doch ausgezeichnet an Ästen festhalten. Augen und Ohren sind gut ausgeprägt. Größe und Gewicht variieren: die Kopf-Rumpf-Länge zwischen 12 und 17 cm, die Schwanzlänge von 15 bis 20 cm und das Gewicht der Tiere liegt zwischen 90 und 130 g.

 

0,1 Kurzkopf-Gleitbeutler, Petaurus breviceps, 24.III.2000 im Schulzoo Leipzig, Ch. Kern 0,1 Kurzkopf-Gleitbeutler, Petaurus breviceps, 24.III.2000 im Schulzoo Leipzig, Ch. Kern

 

Verbreitung und Lebensraum:

Das Verbreitungsgebiet des Kurzkopfgleitbeutlers erstreckt sich von den Küstengebieten Ost-Australiens über die Provinzen Victoria, Neusüdwales und Queensland bis zum Nördlichen Territorium (Fleay, 1949; nach Achauer, 1988). Er kommt auch auf Neuguinea und den Salomonen vor, in Tasmanien wurde er 1835 erfolgreich eingeführt. Innerhalb dieses Verbreitungsgebietes entstanden mehrere regionale Unterarten:

  • P. b. breviceps Tasmanien und entlang der Ost- und Südostküste im Australischen Bergland,
  • P. b. longicaudatus  In der nordöstlichen Hälfte Queenslands, 
  • P. b. ariel Nordhälfte des Nördlichen Territoriums und vorgelagerte Inseln,
  • P. b. flavidus   Südhälfte Neuguineas und Aru–Inseln,
  • P. b. papuanus Nordhälfte Neuguineas, Salomonen und Molukken–Inseln,
  • P. b. tafa   Im östlichen Teil des Berglandes von Neuguinea,
  • P. b. biacensis   Biak–Insel (nach Salamon, 1998).

Der Kurzkopfgleitbeutler bewohnt Waldland, besonders Akazien- und Eukalyptuswälder, aber auch Kokosnußplantagen (Henry und Suckling, 1984; nach Achauer, 1988). Nach Suckling (1984; nach Salamon, 1998) hat besonders Acacia mearnsii große Bedeutung für die Tiere und das Vorkommen dieser Pflanze Einfluß auf die Populationsdichte. Wichtig für die Gleitbeutler ist das Vorkommen von alten Bäumen in ihrem Lebensraum, da die Tiere auf Baumhöhlen als Nistmöglichkeiten angewiesen sind. In seinem Verbreitungsgebiet ist der Kurzkopfgleitbeutler relativ häufig.

 

Lebensweise:

Kurzkopfgleitbeutler leben in einem komplexen sozialen System, das noch nicht vollständig erforscht ist. Die Tiere bilden Gruppen von 5 bis 7 adulten Männchen und Weibchen sowie deren Jungen. Alle Tiere einer Gruppe sind eng miteinander verwandt, es wäre möglich, daß  alle Gruppenmitglieder von nur einem ursprünglichen Paar abstammen. Innerhalb dieser Gruppe lassen sich die Tiere in ein dominantes Pärchen sowie dessen männlichen Nachwuchs und in die untergeordneten Individuen aufteilen. Dabei hatte jedes Geschlecht eine eigene Rangordnung. Zwischen Männchen wurde auch Kodominanz beobachtet, in diesen Fällen schlossen sich zwei Männchen, im allgemeinen ein erfahreneres Älteres und ein kräftigeres Jüngeres, zusammen und nahmen gemeinsam die dominante Position gegenüber den anderen Männchen der Gruppe ein. Salamon (1998) vermutet, daß die Sozialstruktur der Kurzkopfgleitbeutler mit der Struktur des Lebensraumes variieren könnte. 
Die dominanten Tiere markieren und verteidigen das Gruppenrevier, fremde Tiere werden sofort vertrieben. Das Territorium eines Tieres ist unter guten Bedingungen zwischen 0,5 und 0,7 ha groß, ist das Biotop weniger günstig, können die Territorien auch 8 bis 12 ha groß sein. Die Populationsdichte von Petaurus breviceps beträgt unter guten Bedingungen normalerweise 3 bis 6 Tiere pro ha.
Gegenüber Untergeordneten Tieren des gleichen Geschlechts reagieren die dominanten Gleitbeutler, besonders die Weibchen, ausgesprochen aggressiv. Das Verhältnis zwischen dem dominanten Paar ist friedlich. Untergeordnete Tiere gehen den Dominanten aus dem Weg, tun sie dies nicht, werden sie weggebissen. Da es bei Kurzkopfgleitbeutlern keine Unterlegenheitsgeste gibt, kann ein Kampf schnell gefährlich werden. Bei Gefangenschaftsbeobachtungen mußten die untergeordneten Tiere zum Teil aus der Gruppe entfernt werden, um ihr Überleben zu sichern. 
Nicht alle Tiere einer Gruppe teilen sich auch die selbe Nesthöhle. Meist bewohnen die Gleitbeutler ihr Nest paarweise oder in Gruppen von einem Pärchen und dessen männlichen Nachwuchs. Nie wurde beobachtet, daß dominante und untergeordnete Tiere ein Nest teilen.
Zwischen Nestpartnern wurde auch freundschaftliches Verhalten, wie grooming, beobachtet. Besonders nach einem Kampf suchte der Unterlegene häufig die Nähe eines Nestpartners, um sich von ihm beknabbern zu lassen. Zusammenleben in Gruppen wurde besonders in der kalten Jahreszeit beobachtet, die Gruppenmitglieder wärmen sich dann im Nest gegenseitig. Blätter zum Polstern der Nesthöhle sammelt der Kurzkopfgleitbeutler indem er sich kopfüber mit den Hinterpfoten an einen Ast hängt, und mit den Vorderpfoten die Blätter mit den Vorderpfoten zum Schwanz transportiert, den er dann um die Blätter wickelt. Während er die Blätter auf diese Art transportiert, kann er keine Gleitflüge durchführen, also läuft er bis zu seiner Höhle.
Kurzkopfgleitbeutler sind ausschließlich nachts aktiv, während der Aktivitätsphase findet ein regelmäßiger Wechsel zwischen Aktivität und kurzen Ruhephasen statt. In Phasen der Aktivität kann man auch einen Anstieg der Körpertemperatur beobachten. Werden die Tiere paarweise gehalten, gleichen sie ihre Aktivitätszeiten aneinander an, so daß sie möglichst zur gleichen Zeit im Nest sind. Hier findet das Sozialleben der Tiere statt (Kleinknecht, 1986). Außerhalb des Nestes sind Kurzkopfgleitbeutler aber allein unterwegs.
Aufgrund der Nachtaktivität und des unübersichtlichen Lebensraumes hat die visuelle Kommunikation für Kurzkopfgleitbeutler kaum Bedeutung. Visuelle Signale könnten leicht mißverstanden werden und haben keine langanhaltende Wirkung. Dafür besitzt diese Art ein komplexe Kommunikation durch Duftsignale. Mit Hilfe von Duftmarken werden Reviere und Wechsel markiert. Innerhalb einer Familie markieren sich die Tiere auch gegenseitig, um einen Gruppengeruch herzustellen. Untergeordnete Individuen können anhand der Markierungen die Anwesenheit dominanter Tiere feststellen, ihnen aus dem Weg gehen und so Konflikte vermeiden. Auch akustische Äußerungen sind relativ häufig zu hören, so ist z. B. ein lauter Ruf bekannt, der wahrscheinlich eine Warnfunktion vor Feinden hat, aber auch Ausdruck von Neugier ist. Dieser Ruf ist über eine Distanz von mindestens 200 m hörbar. Auch ein hoher Wutschrei sowie Verlassenheitsrufe sind bekannt. Beim Grooming geben die Tiere leise sanfte Töne von sich. 
Eine besondere Fähigkeit dieser Tiere ist der Gleitflug. Das Ausbreiten der Flughaut bei einem Fall ist ein angeborener Reflex, aber die richtige Kontrolle des Fluges sowie die Landung müssen erst erlernt werden. Bei entsprechenden Bedingungen können Gleitflüge bis 120 m, normalerweise aber nur etwa 50 m, beobachtet werden. Am Ende der Gleitflüge drehen sich die Tiere in der Luft so, daß sie mit dem Kopf nach oben und den Pfoten zuerst landen.
Die Lebenserwartung von Petaurus breviceps ist relativ hoch, im Freiland wurden bereits neun Jahre beobachtet, in Gefangenschaft 14.

 

Fortpflanzung:

Für die Fortpflanzung sorgt bei Petaurus  hauptsächlich das dominante Pärchen der Guppe. Kann ein Männchen mehrere Weibchenterritorien innerhalb seines Territoriums verteidigen, paart es sich auch mit mehreren Weibchen. Ist dies nicht möglich und das Weibchen toleriert keine gleichgeschlechtlichen Tiere, leben die Gleitbeutler monogam.
Unter guten Bedingungen können in einem Jahr zwei Würfe erfolgen, der erste zwischen Juni und November, der zweite von Januar bis März. In Gefangenschaft, aber auch im nördlichen Teil ihres Verbreitungsgebietes gibt es wahrscheinlich keine festen Fortpflanzungszeiten. Der Brunstzyklus der Weibchen beträgt 29 Tage, die Männchen sind ganzjährig fortpflanzungsfähig. Nach einer Tragzeit von 16 Tagen werden die Jungen, meist Zwillinge, selten Drillinge, geboren. Das Geburtsgewicht beträgt 0,19 g Bis zu einem Alter von 50 Tagen bleiben die Jungen im Beutel. Dann sind sie schon für kurze Zeit außerhalb des Beutels im Nest, werden von der Mutter aber immer noch im Beutel mitgetragen, wenn sie das Nest verläßt. Wenn die Jungen im Alter von 55 bis 70 Tagen erstmalig im Nest gelassen werden, haben sie kaum Behaarung und sind noch unfähig ihre Körpertemperatur zu regulieren, die Augen sind noch geschlossen. Mit 70 Tagen öffnen sich die Augen, mit 80 Tagen verlassen sie erstmals das Nest, wobei sie auf dem Rücken der Eltern getragen werden. Aufgezogen werden die Jungen von beiden Elternteilen. Der Vater und auch die Söhne früherer Würfe helfen, das Nest zu verteidigen, die Jungen zu putzen, zu wärmen und zu tragen. Mit 110 bis 120 Tagen sind die Jungen entwöhnt. Die Söhne bleiben jetzt häufig bei den Eltern und helfen bei der Aufzucht der nächsten Würfe, während die Töchter von der Mutter vertrieben werden. Die Jungen lernen von ihren Eltern auch sich in ihrem komplexen Lebensraum zurechtzufinden. Deshalb könnte es für junge Männchen von Vorteil sein vorerst bei ihren Eltern zu bleiben. Aufgrund der relativ hohen Lebenserwartung können sie, wenn sie älter sind und mehr Erfahrung haben, immer noch ein eigenes Revier verteidigen und selbst Junge haben.
In Gefangenschaft waren nur die dominanten Weibchen in der Lage ihre Jungen aufzuziehen. Durch ständige Aggression seitens des dominanten Weibchen verloren alle anderen ihre Jungen vor der Entwöhnung. Außerdem wurde väterliche Brutpflege nur bei dominanten Tieren beobachtet, untergeordnete Weibchen mußten ihren Nachwuchs also alleine pflegen. Im Freiland wurde festgestellt, daß in der Zeit der Jungenaufzucht sich die untergeordneten Weibchen zurückzogen und außerhalb des Reviers des dominanten Weibchens ihre Jungen aufzogen. Danach kamen sie wieder zurück. Insgesamt haben die dominanten Tiere aber deutlich mehr Erfolg bei der Fortpflanzung.

 

Haltung:

In den Kleinsäugerkollektionen europäischer Tiergärten ist der Kurzkopfgleitbeutler die am häufigsten gehaltene Art aller Kletterbeutler. In den Nachttierhäusern Frankfurt und Berlin wird die Unterart aus Neuguinea seit Jahrzehnten gehalten und vermehrt.
Auch in privaten Haltungen wird Petaurus schnell zutraulich und wird deshalb immer öfter gehalten
Der Platzbedarf dieser Tiere ist sehr hoch, deshalb sollte auch der Käfig entsprechend groß sein. Am besten hält man die Tiere paarweise oder in Familiengruppen in einer Voliere mit mindestens 2 m2 Grundfläche und 2 m Höhe, die auch Klettermöglichkeiten enthält. Es sollte auch genügend Platz vorhanden sein, um Gleitflüge zu ermöglichen. Wichtig ist auch, daß genügend Nestboxen angeboten werden, damit sich die Tiere bei Streitereien auch aus dem Weg gehen können. 

 

Nahrung und Fütterung:

Kurzkopfgleitbeutler ernähren sich omnivor. Zu ihrem Nahrungsspektrum gehören Pflanzensäfte von Akazie und Eukalyptus, Nektar, Pollen und zuckerhaltige Ausscheidungen von Pflanzen, die die Tiere von beschädigten Stämmen lecken. Daher auch der englische Name "Sugar glider" (Zuckerhörnchen). Außerdem fressen die Tiere auch Insekten, welche besonders im Frühjahr den Pflanzensäften vorgezogen werden. Vermutlich werden auch kleinere Säugetiere gejagt (Achauer, 1988). Auch Früchte werden vom Kurzkopfgleitbeutler gefressen.
In Gefangenschaft ist eine Ernährung mit Pflanzensäften nur schwer zu realisieren, aber auch anderes Futter wird gut angenommen. Die Tiere des Schulzoos wurden mit verschiedenen Früchten (Apfel, Pfirsisch, Melone, Weintraube, Banane, ...) sowie mit Ei, Hackfleisch, Reis und Körnerquark ernährt. Achauer bot ihren Tieren außerdem Pelletfutter für Nagetiere, Nüsse, Brot, Haferflocken, und gelegentlich Honig an. Salamon gab während ihrer Untersuchungen auch regelmäßig Akazien- oder Eukalyptusäste, mit Blättern, Blüten und eventuell vorhandenen Insekten, in jedes Gehege. 
Wasser wurde ebenfalls angeboten.

 

Literatur:

Achauer, Brigitte; Vergleichende Untersuchungen zum visuellen Lernvermögen des Kurzkopfgleitbeutlers Petaurus breviceps (Marsupialia: Petauridae) und des Wüstenschläfers Eliomys melanurus (Rodentia: Gliridae) und zum Lernvermögen des großen Tanreks; Heidelberg, Univ., Diss.; 1988

Kleinknecht, Sabine; Ausprägung und Synchronisationsverhalten des circadianen Systems nachtaktiver Marsupialia – Arten; Tübingen, Univ., Diss. A; 1986

Nowak, Ronald M.; Walker`s Mammals of the World, Sixth Edition; Johns Hopkins University Press; Baltimore / London; 1999

Salamon, Birgitt; The consequences of social dominance in terms of behaviour, physiology, an inheritance in the Sugar Glider (Petaurus breviceps) in captivity and in the field; Erlangen / Nürnberg, Univ., Diss.; 1998

Dr. Whitfield, Philip (Herausgeber); Delphins Große Tier-Enzyklopädie; Delphin-Verlag; London; 1992

Eva-Maria Ewald, Schulzoo-Leipzig e.V.


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