Schwarzlippenpfeifhasen (Ochotona curzoniae) in Leipzig - Raritäten aus China



Neben der Familie der Hasenartigen, welche mit 11 Gattungen und 54 Arten die größere Familie darstellt, existiert innerhalb der Ordnung der Hasentiere eine zweite Familie, die der Pfeifhasen. Diese Familie weist nur eine rezente Gattung (Ochotona) mit 27 Arten aus, von denen zwei Arten (O. collaris et al princeps) die Hochgebirge im Westen Nordamerikas, östliches Alaska und Kanada bewohnen. Die restlichen Arten sind in Zentralasien beheimatet. Bei den asiatischen Arten entwickelten sich neben den gebirgsbewohnenden Formen auch einige Arten, welche in offenen Steppen anzutreffen sind. Darunter befinden sich zum Beispiel der Daurische, der Schwarzlippen- und der Mongolische Pfeifhase.
Obwohl Pfeifhasen in freier Wildbahn nicht gefährdet sind - im Gegenteil manche Arten vermehren sich so stark das sie mancherorts als Schädlinge gelten - werden sie aufgrund ihrer Streßanfälligkeit nur sehr selten nach Europa importiert. Der Tierpark Berlin hielt in den 80er Jahren im Rahmen der Funktion der Transitstation für den sowjetischen Tierhandel öfter Tiere des Mongolischen, Schwarzlippen und Daurischen Pfeifhasen. 1992 importierten wissenschaftliche Assistenten des Tierparks Göhrlitz auf einer Exkursion in Tibet mehrere Schwarzlippenpfeifhasen. Seit 1997 wurden mehrmals Daurische und Schwarzlippenpfeifhasen durch ein holländischen Tierhändler aus Nordchina nach Europa importiert. Tiere dieser Importe gingen an mehrere Privathalter sowie an die Zoos von Dresden und Berlin.
Aufgrund der unerforschten Haltungsbedingungen und Sensibilität der Tiere, welche zum Teil hohe Verluste bei dem Importen bewirkten, konnte sich bis jetzt keine dauerhafte Haltung durch Nachzucht selber erhalten. Die erfolgreiche Nach- und Aufzucht gelang erstmals dem Tierpark Görlitz und 1998 einen Privathalter (BAG Kleinsäuger). Im Herbst 1998 wurden vorerst die letzten Wildfänge aus Nordchina eingeführt - von diesen Tieren konnte der Schulzoo Leipzig auf der Frühjahrstagung der BAG Kleinsäuger im April erstmalig einen Pfeifhasen erwerben. Das weibliche Tier war ein adulter Wildfang von ungewöhnlicher Zahmheit. Durch dieses Tier konnten erste Erfahrungen in Hinsicht der Mentalität der Tiere gesammelt werden. Der Versuch einen geeigneten Partner für dieses Tier zu finden, schlug aufgrund der sehr geringen Bestandszahl (zum Zeitpunkt ca. 12 registrierte Tiere in Deutschland) fehl.
Ganz zufällig und kurzfristig bot sich Ende Mai die Gelegenheit neue Pfeifhasen aus China zu importieren. Die Tiere wurden von einen Privathändler aus einen chinesischen Forschungslabor erworben. In China werden Pfeifhasen ähnlich wie bei uns die Laborratten gehalten und auch gezüchtet ! Im Gegensatz zu den früheren Importen, welche meistens adulte Freifänge lieferten, bot sich uns bei diesen Import die einmalige Gelegenheit Nachzuchtstiere aus Gefangenschaft, sprich an Menschen und Gehegebedingungen gewöhnte Tiere zu erwerben. Ende Mai wurden neun Tiere nach Berlin transportiert, wovon der Schulzoo - Leipzig vier Tiere übernahm.
Die Eingewöhnung der Tiere wurde nicht in den Räumlichkeiten des Schulzoos sondern getrennt vom restlichen Tierbestand des Schulzoos beim Autor vorgenommen. Im Gegensatz zu allen Erwartungen verlief die Eingewöhnung unproblematisch. Pfeifhasen ernähren sich rein herbivor, sprich pflanzlich. Das Nahrungsspektrum umfaßt alle im Habitat vorkommenden Kräuter und Gräser, wie z.B.: Beifuß. Die an die rohfaserreiche Nahrung angepaßten Pfeifhasen werden in Gefangenschaft nach diesen Kenntnissen gefüttert, daß bedeutet vor allem die Verfütterung von guten Bergwiesenheu, frischen Wiesenkräutern wie Löwenzahn, Klee, Beifuß und Sauerampfer sowie saisonales Hartobst und Gemüse wie Möhre und Apfel. Zusätzlich werden aller zwei bis drei Tage geringe Mengen Hafer und Chinchillpellets gefüttert.
Eine Vergesellschaftung des einzelnen Pikas mit einem anderen Tier schlug fehl, später starb das Tier, der Befund ergab Fettleber, was auf zu fettes, nährstoffreiches Futter des Vorhalters bzw. des Händlers schließen läßt, da das Tier bei uns erst fünft Monate gehalten wurde. Bei der Sektion bestimmte man das als Weibchen erworbene Tier als Männchen - ein weiteres Problem der Haltung stellt die schwierige Geschlechtsunterscheidung und somit die Paarbildung dar. Auch die Artzugehörigkeit der bei uns gehalten Tiere ist unklar. In Nordchina sind im wesentlichen Daurischer und Schwarzlippenpfeifhasen zu finden - beide Arten wurden früher zu einer einzigen Art gezählt und lassen sich phänotypisch nur sehr schwer unterscheiden. Aufgrund der schwarzen Unter und Oberlippe werden unsere Tiere zumindestens vorerst als Schwarzlippenpfeifhasen registriert.

Photos: Siehe Photogalerie


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