Kowaris und Spinifex Hüpfmäuse - die Haltung zweier bedrohter Kleinsäuger der australischen Wüste in Leipzig


Im englischen Sprachgebrauch werden diese Kleinsäuger marsupial beasts of  pray genannt,. im Deutschen nennt man sie Kowari oder Doppelkammbeutelmaus. Über dieses selten in zoologischen Gärten anzutreffende Beuteltier und die Spinifex Hüpfmaus soll im folgenden Beitrag ein kurzer Überblick gegeben werden.

Der Kowari wird allgemein bekannt zur Säugetierordung der Beuteltiere gestellt. Das Standardwerk der Mammalogie "Walkers mammals of the world" stützt sich auf die systematische Einteilung der Beuteltiere von Simpson 1945, welche 16 Familien und 71 Gattungen mit 258 Arten ausweist.
Der Kowari gehört aufgrund seiner anatomischen Merkmale zur Familie der Raubbeutler, Dasyuridae, konkret zur Unterfamilie der Beutelmäuse , Phascogalinae. Enge Verwandtschaft besteht zu den Beutelmardern und den Beutelteufeln, welche jeweils eine weitere Unterfamilie darstellen.
Das Verbreitungsgebiet des Kowaris liegt im Süden des Northern Territory, dem Südwesten von Queensland und dem Nordosten Südaustraliens  Aslin 1974.
In einigen Werken wird die Trennung in zwei Unterarten vorgenommen. Ob diese zwei Formen Unterartenstatus erhalten sollten ist bislang unklar, da im EEP bislang keine Trennung vorgenommen wurde. Zusätzlich ist aber zu vermerken, daß australische Haltungen nicht an europäischen Tieren interessiert sind, aufgrund der angesprochenen Trennung. Durch das für den gesamten Kontinent verhängte Ausfuhrverbot werden selten und dann nur unter großen bürokratischen und finanziellen Aufwand neue Tiere mit bekannter Herkunft nach Europa eingeführt, so daß europäische Halter gezwungen sind mit den Tieren zu züchten die ihnen zu Verfügung stehen.

Seit 1996 findet der interessierte Besucher des Zoologischen Garten Leipzig im Neuen Raubtierhaus linkerhand in einer Kleinsäugervitrine eine Beutelmausart der zentralaustralischen Wüste – den Kowari vor. Zwischenzeitlich waren diese Tiere in einem Terrarium im hinterem Teil untergebracht. Die Zucht dieser bedrohten Tierart glückte im Zoo Leipzig bereits im ersten Jahr der Haltung und begann mit einer Gruppe von einem Männchen und zwei Weibchen. Die weiblichen Tiere stammen aus der Nachzucht der Universität Erlangen, das Männchen wurde in Poznan, Polen geboren. In freier Wildbahn des roten Kontinents haben Kowaris ihr Habitat in Halbwüsten und Grasländern – leben dort meist einzeln oder in Mutter-Kindverband. Aslin (1974) beobachtete eine diffuse soziale Aggregation der an sich einzeln lebenden Tiere. Die nachtaktiven Raubbeutler ernähren sich überwiegen canivur, d.h. ihr Nahrungsspektrum umfaßt Insekten und Kleinvögel und vor allem Nagetiere.

Aufgrund der biologischen Tatsache das Beutelmäuse einzeln leben und nachtaktiv sind, ist ihre Zucht in Gefangenschaft nicht ganz unkompliziert. Bei Neuzusammenstellung blutsfremder Paare entwickeln sich häufig Auseinandersetzungen, die nicht selten mit Todesfolge enden. Diese kann der Pfleger auch kaum unter Kontrolle halten, da sie meistens in den Nachtstunden stattfinden. Die neuen Paare müssen oft längere Zeit am Sichtschieber, auch „Schmusegitter“ genannt, zusammengewöhnt werden. Ein weiterer Grund warum man diese Tiere selten in zoologischen Gärten findet ist die nächtliche Lebensweise, welche diese Tiere unattraktiv für das Publikum erscheinen lassen. Trotzdem sind Kowaris oft auch am Tage kurzzeitig aktiv, da sie gerne Sonnenbäder nehmen – die Hauptaktivitätsphase liegt aber dennoch in der Nacht. Dieser Umstand ist allgemein ein Problem der zur Schaustellung von Kleinsäugern in konventionellen Gehegen. Trotz der unheimlichen großen Artenvielfalt attraktiver Kleinsäugerformen vor allem der Ordnungen Beuteltiere, Insektenfresser, Flattertiere und Nagetiere sind sie für das Publikum als zusammengerolltes schlafendes Fellknäuel uninteressant. Welcher Zustrom von Besuchern diese Tiergruppen in ihrer Aktivitätsphase auslösen, zeigen uns die hochsensiblen Nachttierhäuser der Zoologischen Gärten Berlin und Frankfurt am Main. In Leipzig existiert ein solches Tierhaus nicht, um aber Kowaris dennoch zu halten, richtete der Schulzoo-Binzer Straße die Vitrine im neuen Raubtierhaus komplett neu ein. Ziel war es, unter dem Bezug von roten Gestein, von Wurzeln und Trockengras den australischen Lebensraum für Kowaris naturgetreu nachzubilden. Nach anfänglichen Kinderkrankheiten der Anlage – die Tiere gruben Gänge hinter den Felsaufbau und entzogen sich somit den Blicken der Besucher – wurde eine hohle Baumstammhälfte mit einer entspiegeltenden Glasscheibe versehen sowie eine Versiegelung des Felsauffbau vorgenommen, so daß die Tiere gezwungener Maßen in die für sie vorgesehene Nisthöhle mit Beobachtungsmöglichkeit gehen mußten. Seit 1997 arbeitet der Schulzoo-Binzer Staße und der Zoo Leipzig  auf dem Gebiet der Erhaltung der Kowaris zusammen. Zuerst erhielten wir ein Nachtzuchtspaar sowie 1998 ein weiteres Paar eingestellt, welches nach einem Jahr Einstellung zurück in den Zoo Leipzig ging, da die Zuchtgruppe hier zusammenbrach. Die Zucht im Schulzoo begann 1998 mir einem Zwillingspärchen welche s heute im Tierpark Berlin lebt. 1999 konnten wir erstmals einen Fünfer Wurf verbuchen- die 3,1+1 Tiere wuchsen bis auf eines ,welches aus dem Beutel fiel und dessen künstliche Aufzucht mißlang, gesund heran, so daß eines der Männchen noch im selben Jahr in den Tierpark übersiedeln wird

Für den Kowari wurde wie für viele andere bedrohte Arten ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm, EEP eingerichtet. Die Universität Erlangen stellt den EEP Koordinator, welcher die Aufgabe hat den Bestand aller in Gefangenschaft gehaltenen und gemeldeten Tiere zu regulieren und zu koordinieren, d.h. Überbestand abzubauen und Unterbestand durch Zusammenstellen neuer Paare entgegenzuwirken. Im Zoo und im Schulzoo wurden seit 1996 über 15 Junge geboren. Diese Zahle scheint auf den ersten Blick gering, wenn man  bedenkt das Kowaris nur einmal im Jahr, meist im Frühjahr, werfen und man aus Gründen der solitären Lebensweise höchsten 1,1 bis 1,2 Tiere pro Gehege halten kann, da die Weibchen bei großen Gruppen, aber auch schon bei 1,2er Gruppen, die Männchen nach dem Decken wegbeißen und die Jungenanzahl im Mittelwert bei vier (1-6) liegt eine recht erfolgreiche Erhaltungszucht, auf welche beide Institutionen stolz sein können. Bei dieser Gelegenheit möchte ich Herrn Schneider und Herrn Prof. Eulenberger und seinem Team für ihre Bereitschaft und Zusammenarbeit danken. Kowaris aus der Leipziger Zucht leben inzwischen in Schweden, Polen und Berlin.

Die Haltung von Spinifex Hüpfmäusen begann im Schulzoo im August 1997 mit 1,2 Tieren aus der Zucht von Mike Jordan. Nach dem Tod des einzigen Männchen erhielten wir mehrmals Ersatz und trotz einiger wenigen Jungen, die alle nicht aufkamen, lösten wir diese Gruppe auf und bemühten uns um neue zuchtfähige Tiere. Das gelang uns im April 99 im Tausch mit Mike Jordan, von dem wir nochmals dankenswerterweise drei Tiere erhielten.

Das Verschwinden von Hüpfmäusen in freier Wildbahn ist ein weiterer Beleg für den menschlichen Einfluß und die Empfindlichkeit der australischen Fauna. Von mindestens neun Arten der Gattung  Notomys sind vermutlich bereits vier Arten ausgestorben und die übrigen durch aus Europa stammende Haus- und Wildtiere wie Kaninchen und Füchse zusehends in ihrem Bestand bedroht.
Laut der IUCN Species Survival Commision (SSC) sind folgende Notomys Arten ausgestorben: Notomys amplus, short-lailed hopping-mouse, N. longicaudatus, long-tailed hopping-mouse, N macrotis, big-eared hopping-mouse, N mordax, Darling Downs hopping-mouse
Das Vorkommen der Hüpfmäuse liegt in den Wüsten und Halbwüsten des Westens und Südens sowie Zenralaustraliens. Die in unseren Kreisen gehaltene Spinifex oder Braune Hüpfmaus besiedelt vor allem die weitläufigen Spinifex Grasländer. Durch das Anlegen von weitverzweigten, tiefen und feuchten Bauen sowie nächtlicher Lebensweise ist sie ideal an die ariden Lebensräume angepaßt. Trotz der Zugehörigkeit zur Familie der Echten Mäuse, Murinae, weißt sie durch ihre hüpfende und somit schnelle und energiesparende  Fortbewegung , ermöglicht durch die verlängerten Hinterextremitäten , konvergente Entwicklungsparallelen zu den Dipodidae Afrikas und Asiens sowie den Dipodomys Nordamerikas auf. Die Fortpflanzung soll mit dem Beginn der Regenzeit einsetzten. Auffällig für Notomys sind die ungewöhnlich kleinen Hoden, selbst bei geschlechtlich aktiven Männchen. Bei den gesellig lebenden Hüpfmäusen scheinen Drüsenmarkierungen von großer Bedeutung zu sein .

Beim Durchblicken der Nachzuchtslisten der BAG 1999 fällt bei beiden Tierformen eine geringe Individuenzahl, sowie geringe Nachzucht auf, verstärkt wird das beim Kowari durch das EEP, in dem ebenfalls wenige deutsche Haltungen registriert sind.


Schrifttum:
 

Pusc das beim Kowari durch das EEP, in dem ebenfalls wenige deutsche Haltungen registriert sind.


Schrifttum:
 

Puschmann,W 1989 Zootierhaltung.Säugetiere.Berlin
Nowak, R.M. 1991 Walkers Mammals of the world  Fith edition / The Johns Hopkins Press Baltimore & London
Grzimek,1988   Grzimeks Enzyklopädie Säugetiere 5 . München
Neberle , B 1997   EEP Studbook ( Kowari)
Lidicker, W.Z.Jr., 1985  Rodents- A World Survey of Species of Conservation Concern


Copyright 1999 Schulzoo e.V.

| Tierreporte | Zooführer | Schulzoonews | Schulzoo e.V. | Standort | Geschichte |
| Koop.Partner | BAG | E-mail | Links | Impressum |
| Home |